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Die ruhige Linie fortsetzen!

Ein Gespräch mit dem Architekten und Stadtraumgestalter Prof. Niklaus Fritschi über seinen Entwurf für die geplante Verlängerung der Düsseldorfer Rheinuferpromenade

CUBE: Herr Professor Fritschi, die Rheinuferpromenade erlebt nächstes Jahr ihren 20. Geburtstag.... mehr

CUBE: Herr Professor Fritschi, die Rheinuferpromenade erlebt nächstes Jahr ihren 20. Geburtstag. Wahrscheinlich gibt es kein anderes öffentliches Bauwerk in der Stadt, das sich so großer Akzeptanz erfreut, wie dieses 2 km lange Stück Düsseldorfer Flaniermeile. Erfüllt Sie das als Planer mit Stolz?
Fritschi: Mit Stolz vielleicht, aber Freude auf jeden Fall! Wenn man ein Haus baut, dann investiert man auch einen Haufen Arbeit, aber mit der Schlüsselübergabe ist die Sache ja doch meistens abgeschlossen. Bei der Promenade ist es anders: Da sah man erst hinterher – von Jahr zu Jahr mehr – wie die Stadt buchstäblich aufgeatmet und den Rhein als Stadtraum wieder für sich entdeckt hat. Wenn ich heute an der Promenade bin, dann freue ich mich immer noch, wie das Leben dort spielt. Auch wenn es bedauerlicherweise unschöne Begleiterscheinungen gibt: Der zunehmend heruntergewirtschaftete Zustand der Freitreppe am Burgplatz, der Wildwuchs der Gastronomie an den Kasematten – das ist etwas, was die Stadt in den Griff bekommen sollte, sonst ist das Aushängeschild Rheinpromenade bald keines mehr.

CUBE: Die Promenade endete bisher relativ schroff an der Oberkasseler Brücke. Nun wurden Sie gebeten, einen Plan für die Verlängerung der Flaniermeile um 650 m bis zu den Rheinterrassen zu konkretisieren. Wie kam es dazu?
Fritschi:Die städtische Tochtergesellschaft IDR kam 2010 auf uns zu und fragte an, ob man die Parkplätze, die für die Tonhalle und den Ehrenhof am Rheinufer gebraucht werden, nicht mit einer Art Tisch überbauen könnte, um darauf die Promenade weiter fortzusetzen. Wir fanden das eine plausible Idee. Die IDR wollte mit den Parkgebühren das Projekt langfristig refinanzieren und den Hofgarten, der ja mit dem Kö-Bogen an die Stadt neu angebunden wurde, auch zum Rhein hin öffnen. Dazu lieferten sie uns als Vorlage eine grobe technische Planung, die wir dann in vielen Aspekten konkretisiert haben. Dann hörten wir lange nichts mehr von dem Projekt. Zu Jahresbeginn kam dann die erste Bürgermeisterin, Frau Strack-Zimmermann auf uns zu und ging mit der Planung an die Presse. Dazu haben wir die Pläne lediglich geringfügig optimiert und visualisiert.

CUBE: Eigentlich war doch aber die bisherige Devise der IDR, wie auch der Ratsmehrheit, im Zuge einer Erweiterung des Museum Kunstpalast eine Tiefgarage am Rhein oder unter dem Ehrenhof anzulegen. Immer wieder wurde eine Machbarkeitsstudie eines Hamburger Architekturbüros angekündigt, die allerdings am Ende nie wirklich öffentlich wurde – lag die Ihnen bei den Planungen vor?
Fritschi: Die Studie lag uns nicht vor – wir haben uns schon damals gefragt, warum man damit eigentlich nicht ein Düsseldorfer Büro beauftragt hat (lacht). Aber alle Beteiligten müssen wohl eingesehen haben, dass eine Tiefgaragen-Lösung so einfach nicht ist: Wir sind hier an der engsten Stelle des Rheins und wir wissen selbst nur zu gut vom Bau des Apollo-Theaters, wie aufmerksam die Untere Wasserbehörde da sämtliche Veränderungen verfolgt. Alles, was das Hochwasserprofil einengt, ist nicht genehmigungsfähig – das Hochwasser muss ungehindert fließen können. Bei einer geschlossenen Tiefgarage geht das nicht, bei der von uns vorgesehenen Lösung einer Überdeckelung ist das jedoch gewährleistet. Selbst wenn der Aufwand für die Gründung noch nicht geklärt ist, wäre das eine weitaus kostengünstigere Lösung.

CUBE: Die PKW-Stellplätze, die unter der Überdeckelung entstehen, sind das eine – das andere ist das Design der darüber geführten Promenade. Durch was zeichnet sich Ihr Entwurf da aus?
Fritschi: Durch Kontinuität! Natürlich gab es auch bei uns die Überlegung, ob eine anders geartete Formensprache angemessen wäre. Wir waren aber letztlich davon überzeugt, dass es richtig ist, dieselbe ruhige Linie des Altstadtufers fortzusetzen - so ruhig wie der Fluss soll auch die neue Promenade fließen. Neues, kurzlebig-modisches Design kann in wenigen Jahren schon alt und verbraucht aussehen. Heute ist das blau-weiß-gewellte Pflaster am Altstadtufer, zusammen mit der grünen Linie der Platanenallee, ein originäres Stück Rheinufer geworden. Man weiß, dass man in Düsseldorf ist und nicht in Köln, Bonn oder anderswo. Die zu Beginn viel gescholtene „blaue Welle“ wurde zu einem identitätsstiftenden Merkmal, welches mit ein Hauptgrund war für die Anerkennung in der Fachwelt. Das Projekt wurde in Barcelona, in Washington, Warschau und auf der Architekturbiennale in Venedig gezeigt und zu unserer Freude mit vielen Preisen, etwa dem Deutschen Städtebaupreis, ausgezeichnet.

CUBE: Bei aller Kontinuität, könnten Sie sich vorstellen, bei der Verlängerung stärker auf den Kontext des Ehrenhofs zuzugehen, etwa mit einem Skulpturen-Parcours?
Fritschi: Das ist ja das Schöne: die Planung lässt vieles zu, sie ist nicht durch zu viele Formalismen festgelegt. Wir können uns gut vorstellen, dass sich die Kunstakademie oder andere Institute beispielsweise in der vordersten Zone der Überdachung mit temporären Aktionen oder Ausstellungen präsentieren. Auch die Grünflächen können künstlerisch bespielt werden - Raum zu lassen ist beabsichtigt. Die Idee einzelner Politiker, eine minimalistische Lichtlinie zu installieren, finde ich gut – wir hatten diese Idee ja schon bei der alten Promenade (lacht). Heute kann das, dank LED-Technologie, technisch leichter realisiert werden. In jedem Fall gilt aber: Mit den Bauten des Ehrenhofs von Wilhelm Kreis haben wir architektonisch etwas vom Besten, was die Stadt zu bieten hat. Wir sollten nichts tun, was diese beeindruckende Kulisse überspielt!

CUBE: Trotzdem wird von der Stadtspitze nun doch eher ein kleiner Architekturwettbewerb um die Verlängerung der Promenade favorisiert – würden Sie sich daran noch beteiligen?
Fritschi: Der Wettbewerb war offensichtlich nicht zu vermeiden, auch wenn es in der Politik Vertreter gibt, die darauf gerne verzichtet hätten. Man hätte die Verlängerung der Promenade durchaus als eine Erweiterung eines bestehenden Bauwerks sehen können, sozusagen als einen „Hausanbau“. Aber es gibt natürlich auch EU-Richtlinien, die die öffentliche Ausschreibung bei Projekten solcher Größenordnung zwingend fordern. Wir sind grundsätzlich auch für Architekturwettbewerbe - nur fragt man sich natürlich, welche Art Wettbewerb es denn werden soll, wenn eine Lösung bereits auf dem Tische liegt und allseits bekannt ist. Trotzdem werden wir da sicher mitmachen – denn einige Ideen haben wir schon noch in petto.

Herr Professor Fritschi, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Das Interview führte Paul Andreas.


Prof. Niklaus Fritschi
1945 in St. Gallen/Schweiz geboren. 1969-75 Architekturstudium Kunstakademie Düsseldorf. 1976 Förderpreis des Landes NRW für junge Künstler, Freie Mitarbeit bei Prof. Hans Hollein. 1982 Eidgenössisches Kunststipendium für Architektur. 1979 Ateliergemeinschaft mit Prof. Ernst Althoff. 1984 eigenes Atelier in Düsseldorf, 1992 mit Benedikt Stahl und Günter Baum, ab 2013 mit Benedikt Stahl, Anne Kristin Höing und Konrad Dölger.

Prof. Niklaus Fritschi
gewann 1990 zusammen mit Benedikt Stahl im Zuge des Baus des Rheinufertunnels den Wettbewerb der Rheinuferpromenade, die 1995 eröffnet wurde. Das Atelier Fritschi + Stahl realisierte an der Promenade neben dem Apollo-Theater 1997 auch das 2007 eröffnete, unterirdische Museum KIT.

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