Urbaner Barock
In der Wohnung eines Kunstsammlers dominieren die Raumflucht und italienischer Marmor
Bei der Sanierung einer Altbauwohung in Schöneberg hatten die Architekten Bettina Kraus und Thomas Baecker zwei Fragestellungen zu meistern. Der Eigentümer ist Galerist und Kunstsammler. Auf rund 300 m² sollten die Architekten nicht nur Raum zum Wohnen schaffen, sondern auch einen Ort gestalten, an dem die Kunst dominieren kann. Mit wenigen strategischen Eingriffen in die Grundstruktur der Wohnung wurde das Raumgefüge maßgebend verbessert. Die Architekten verändern die verschachtelte, unpräzise Raumfolge des Bestands. „Wir haben nichttragende Wände herausgenommen und teilweise Öffnungen versetzt, weil deren Positionen unklar waren“, erklärt Architektin Bettina Kraus. „Dadurch haben wir neue, offene Blickachsen und eine Ausgewogenheit in der Wohnung geschaffen“. Die Architekten öffnen die Räume nicht nur. Sie schaffen ebenso möglichst viele zusammenhängende Wandflächen, damit dort Bilder und Skulpturen ihren Platz finden.
Das so neu entstandene Raumgefühl beschreibt Bettina Kraus mit dem Begriff „fließender Raum“. „Es gibt keine gefangenen Zimmer mehr. In jedem Raum zeigen sich mindesten zwei Durchgänge zu den nächsten“. Zwischen den einzelnen Räumen gibt es verspiegelte Schiebetüren. Der Eindruck einer nicht enden wollenden Raumschleife verstärkt sich. Alle Böden und Oberflächen haben die Architekten erneuert. Schächte, wie man sie häufig im Altbau findet, werden entfernt oder geometrisch ausgeglichen damit eine durchlaufende Wand gegeben ist. Im Servicebereich, wo Küche und Bäder untergebracht sind, ändert sich die Materialität. Hier dominiert am Boden, an den Wänden und auch bei den Einbauten italienischer Mamor. „Bei den Plattengrößen sind wir an die Grenze gegangen, kurz bevor das Material bricht“, berichtet die Architektin. Bei der Verlegung wurde mit äußerster Präzision gearbeitet, um die Fugenbreite zu minimieren. Dass der Bauherr diese aufwendige Reduzierung gewünscht und unterstützt hat, war für den gesamten Prozess sehr wichtig. Zur Belichtung der Kunst haben die Architekten einen Leuchtenprototyp verwendet, der erst auf den Markt kommt. Sie arbeiten mit einem extrem minimierten Schienensystem, welches nur noch als dünne schwarze Line an der Decke sichtbar ist. Die darin eingehängten Leuchten sind beliebig positionierbar. „Das eingebaute Licht hat museale Qualitäten“, meint Bettina Kraus. Mit dem Stilmittel der Raumflucht sowie der Verwendung von italienischem Marmor inszenieren die Architekten in dem Schöneberger Altbau eine moderne, urbane Interpretation barocker Pracht. Neben dem Wohnen steht bei dem Projekt vor allem die Präsentation zeitgenössischer Kunst im Fokus. Dass die Kunst heute einen Status wie zu Zeiten der Renaissance und des Barocks erlangt hat, haben die Architekten mit ihrer Arbeit deutlich zum Ausdruck gebracht.
www.tbbk.de
Fotos:
Steffen Jagenburg
(Erschienen in CUBE Berlin 03|16)
Architekten:
Baecker Kraus Architekten
Partnerschaft
www.tbbk.de
Marmor:
Dalle Nogare
www.dallenogare.com
Holzboden:
Bauwerk Parkett
www.bauwerk-parkett.com
Licht:
Eutrac
www.eutrac.de
mawa design
www.mawa-design.de
Schalter:
Gira Giersiepen
www.gira.de