Richtungsweisend
Das Bundesumweltministerium am Potsdamer Platz
Das Bundesumweltministerium (BMU) hat seinen Dienstsitz am Potsdamer Platz in einem Ensemble aus dem Altbau des ehemaligen Preußischen Ministeriums für Landwirtschaft und ergänzenden Neubauten. Der Entwurf stammt von Jürgen Pleuser Architekten, Berlin.
Das Ministerium bietet über 300 Mitarbeitern Arbeitsplätze und Räumlichkeiten für Sondernutzungen wie Veranstaltungen und Ausstellungen. Der Neubau ist als erstes großes Verwaltungsgebäude in Deutschland, noch dazu in innerstädtischer Lage, als Passivhaus errichtet worden. Der Energiebedarf des Altbaus wurde dabei um mehr als 60 % gegenüber den Verbrauchswerten Ende der 90er-Jahre gesenkt. Heute hat er Niedrigenergiehaus-Status.
Der sechsgeschossige Neubau schließt die durch Kriegszerstörung und Abriss der direkt anschließenden Nachbargebäude entstandene offene Flanke des Altbaus und bildet so den neuen Blockrand zur Erna-Berger-Straße und zum Potsdamer Platz. Der Hof zwischen Alt- und Neubau wurde überdacht und als einer von drei haushohen Großräumen angelegt, die lichtdurchflutet Orientierung im weitläufigen Gebäude bieten - umgeben jeweils von den Einzelbüros des Ministeriums.
Vom Potsdamer Platz aus bieten sich überraschende Einblicke in das Gebäudeinnere des Neubaus: In der Spur der denkmalgeschützten Mauerreste ist ein steiler, schluchtartiger Hallenraum - Großraum Nummer zwei - samt Mauerrelikt zu sehen, das Foyer des Neubaus.
Der nach dem Krieg durch grobe Veränderungen entstandene, gesichtslose Altbau wurde unter ökologischen und energetischen Schwerpunkten generalsaniert und architektonisch aufgewertet. Die eindrucksvollen, steinernen Schmuckelemente im Inneren wurden von dicken Farbschichten befreit und aufwändig restauriert. Ebenso die wenigen originalen Reste der Altbaufassade, wie beispielsweise noch vorhandene Gewände aus Sandstein. Insbesondere die Hauptfassade war stark beschädigt. Ihre Stilelemente erinnerten die junge DDR zu sehr an Wilhelminismus und Preußentum, waren demnach ideologisch unerwünscht. So wurde die gesamte Fassade geschliffen, ein Rückbau war durch neu eingebrochene Fenster unmöglich. An Stelle des Rückbaus griffen die Architekten den Aspekt der Zerstörung als Gestaltungselement auf: Dort, wo es die abgerissenen Sandsteinelemente einst gab, sind heute Vertiefungen, Spuren im Fassadenputz angelegt.
Der zentrale Hof des Altbaus – Großraum Nummer drei –, früher unwirtlicher Lichthof für die angrenzenden Büros, wurde ebenfalls gläsern überdacht und dient heute als repräsentativer Ort für Veranstaltungen mit bis zu 600 Gästen.
Ein zusätzliches Vollgeschoss schufen die Architekten auf dem Altbau, indem sie die ursprünglichen Proportionen des zerstörten Steildachs wiederherstellten. Zwei "Dachschalen", geneigte Fassaden, lagern auf den Altbautraufen und fassen das Geschoss ein. Sie wurden vor Ort fugenlos aus Beton gegossen, orientiert an der Färbung von Jura-Kalkstein.
Auf dem Boden der Eingangshalle, in den neuen Höfen und in den Treppenhäusern wird Jura-Kalkstein verwendet. Er harmoniert mit den im Gebäudeinneren restaurierten Werkssteinelementen und großflächigen Bekleidungen aus Steinputz. Alles kommt dabei dem ursprünglichen Material- und Farbkonzept des Baudenkmals, seiner ehemals "monochromen Steinsichtigkeit", nahe.
www.pleuser-architekten.de
Jura-Kalkstein
Der zum Einsatz kommende Jura-Kalkstein erfüllt alle architektonischen und technischen Anforderungen an die Bekleidung der steinernen Dachschalen. So wird dem Gebäude anstelle der nicht zu rekonstruierenden, monumentalen Hauptordnung dennoch Gewicht und Würde zurückgegeben.
www.natursteinverband.de