Radikal und konsequent
Dieses Low-Budget-Haus besticht durch seine inneren Qualitäten
Die Bauherrin besitzt unweit von Berlin in schöner Lage am südlichen Rand eines Dorfes ein Grundstück. Östlich und südlich geht es ungeschützt in die Weite der flachen Landschaft über. Nördlich schließt die lose dörfliche Bebauung mit kleinen Wohnhäusern an. In der Mitte des Grundstücks stand nur noch ein alter Stall aus Backstein, ein früheres Wohnhaus aus den 1930er-Jahren war bereits abgerissen. Der Kontext bot wenig Anhaltspunkte für einen Entwurf eines neuen Wohnhauses. Der Architekt Peter Grundmann bezog sich also auf alles, was an diesem Ort von Bedeutung sein konnte: Die Landschaft wird als Wildnis überinterpretiert, der Stall geschützt und aufgewertet, das neue Haus um die Ziegelwände des Stalls herum gebaut.
Ein Dach überdeckt die alten Gemäuer und die neuen Einbauten wie Terrassen, Carport und einen frei stehenden Kubus, in dem sich ein Lagerraum befindet. Das Haus erstreckt sich 23 m tief ins Grundstück und orientiert sich mit der langen Seite nach Süden zur Landschaft. Durch die Anhebung um gut einen Meter entsteht eine Distanz zur rauen Landschaft, die nicht gestaltet werden soll. Bodenplatte und Dach werden durch eine leichte Holzkonstruktion gehalten. Die radikal offene Konstruktion, die sich vom Rohbauzustand kaum unterscheidet, folgt konsequent der Logik des Tragwerks. Alles kann abgelesen werden. Die Glasfassade kann unabhängig von der Konstruktion frei moduliert werden. Sie folgt dem kontextuellen Ideal und steht damit im Kontrast zur Logik des Tragsystems sowie zur Form der Boden- und Dachplatten. Durch dieses Wechselspiel entsteht eine heterogene räumliche Struktur, in der sich Innen und Außen überlagern und vielfältige Wege- und Blickbeziehungen entstehen. Das alte Mauerwerk umspannt den Wohnbereich. Alle anderen Nutzungen sind rundherum angeordnet. Wo die Funktionen mehr Raum benötigen, „bewegt“ sich die Glashaut nach außen. In den wärmeren Jahreszeiten lässt sich der Wohnbereich durch das Öffnen großer Schiebetüren um die Terrassen erweitern.
Während die bestehenden Ziegelwände Gewicht und Behaglichkeit vermitteln, steht das neu Zugefügte für Offenheit, Transparenz und Leichtigkeit. Wenige und leichte Möbel stärken diesen Eindruck. Die eigentliche Staufläche, sowie Speisekammer und Wäscheraum befinden sich im Kubus, der nur über die Terrasse erreichbar ist. Man tritt aus dem warmen Bereich heraus.
Obwohl der Warmbereich lediglich 96 m² umfasst, wirkt das kleine Low-Budget-Haus viel größer, da die Wahrnehmung des Raumes des Raumes durch die Konstruktion und die Ränder der auskragenden Boden- und Dachplatte bestimmt wird. Das Haus wird in seinen Raumgrenzen je nach Standort unterschiedlich begriffen. Mal ist es die Konstruktion, mal Boden- oder Dachplatte, mal die eingestellten Körper und mal die Glasfassade, die die räumliche Logik des Hauses abbilden.
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