Neue Raumordnung
Der Ausbau einer Kantine in Ludwigsfelde schafft mehr Aufenthaltsqualität für die Mitarbeiter
Die feierliche Eröffnung der neuen Kantinenräume des Flugzeugturbineninstandhalters MTU in Ludwigsfelde fand im letzten Jahr im Dezember statt. Dass die eigentliche Bauphase nur 72 Tage dauerte, ist der sorgfältigen vorangegangen Planung geschuldet. Verantwortlich dafür ist das in Berlin und Hamburg ansässige Architekturbüro Reichwald Schultz.
Nach dem kompletten Abbruch der alten Kantine blieben nur noch zwei Lüftungsrohre sowie einzelne Komponenten der Lüftungstechnik übrig. Komplett entkernt wirkte der Raum schwierig zu gestalten. Vor allem die geschwungene Betondecke mit unterschiedlichen Höhenniveaus machte die Ausgangslage kompliziert. „Den Ort hat keiner richtig verstanden“, berichtet Philip Reichwald. „Wir haben deshalb hier das erste Mal nicht mit der Struktur des Raumes gearbeitet, sondern dem Raum eine völlig neue Struktur verliehen“. Die Architekten lösen die diffuse Situation auf, indem sie eine vollkommen neue Reihenfolge von klar definierten Räumen schaffen: Küchenkubus, Kantine und Café-Bar. In dem anthrazitfarbenen Küchenkubus sind auf kleiner Fläche sämtliche Funktionen wie Lager, Küche, Spülküche, Essensausgabe, Kasse und Rückgabe untergebracht. Seitlich öffnet sich der Kubus für die Essensausgabe. Die Öffnung zieht sich um die Ecke, wo die Kasse untergebracht ist. Der Gast befindet sich an dieser Stelle am Durchgang zum Speiseraum, der eine Raumhöhe von 4,50 m in Querausrichtung entfaltet.
Der durch eine anthrazitfarbige wannenförmige Brüstung gefasste Speiseraum bietet 110 Sitzplätze. Der Boden ist nun nicht mehr gelb, sondern im gleichen Anthrazit gehalten wie der mit HPL-Platten verkleidete Küchenkubus. An der Decke sind scheibenförmige Akustikbaffeln angebracht. Das dämpft nicht nur den lauten Kantinenbetrieb, sondern ist ebenso ein weiteres Gestaltungsmittel, um den Sektor abzugrenzen. Zwischen den Baffeln verstecken sich elegant und unauffällig Lichtleisten des italienischen Herstellers iGuzzini. „Die Leuchten sieht man nicht, sie machen einfach nur Licht“, meint Philip Reichwald. Bei der Möblierung des Kantinenraums verwenden die Architekten Eames Plastic Chairs, die der Auftraggeber bereits im Vorfeld gekauft hatte. Sie reihen diese an maßgefertigten Tischplatten, die auf Böcken liegen: „Wir wollten mit unserem Möblierungskonzept eine gewisse Strenge erzielen. Deshalb reihen wir die Stühle und Tische in klaren Linien. Die Tische sollen an eine Werkbank erinnern, dabei aber auch gemütlich wirken“, sagt Reichwald.
Im Anschluss an die Kantine, wo der Raum wieder niedriger wird, ist die Café-Bar untergebracht. Der Raum ist mit Platten in Holzoptik verkleidet und anthrazit gestrichen. Er wirkt dadurch wärmer und intimer als die übrigen Bereiche. Ein Fenster nimmt dem Ort zusammen mit schmalseitig angebrachten Spiegeln seine Enge und schafft Sichtbeziehung zum Essensraum.
Wichtig war es den Architekten auch, den Eingangsbereich zu gestalten, da dieser sehr versteckt gelegen ist. Bereits im Flur signalisieren großflächige Wandgrafiken den Mitarbeitern, wo es was zu Essen gibt. Die Motive abstrahieren die Triebwerke von Flugzeugen. Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass die meisten Triebwerke keine Turbinenschaufeln haben. An deren Stelle sind Küchenutensilien wie Melonenausstecher, Pfannenwender, Schneebesen oder Oranginaflaschen getreten. Auch im Bereich der Essensausgabe verwenden die Architekten diese Grafiken. Deren Arrangement erinnert an die oft in Landhausküchen verwendeten Delfter Kacheln. Das lenkt nicht nur beim Anstehen in der Warteschlange ab, sondern macht auch Appetit.
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