Fliegendes Obergeschoss
In der Nähe von Potsdam ist eine Villa wie aus dem Bilderbuch der Moderne entstanden
Markantes Merkmal des Grundstücks, auf dem die vom Büro nps tchoban voss geplante Villa sich befindet, ist der große Baumbestand. Gesäumt von alten Kiefern haben die Architekten dort ein Gebäude errichtet, das aus zwei verschoben aufeinander gesetzten Kuben besteht. Die Zurückgezogenheit des Baus inmitten der Natur erinnert an eine Datsche. Die Architektur des Gebäudes zeigt sich allerdings ambitioniert und scheint fast wie aus dem Bilderbuch der Moderne.
Die Villa wirkt trotz ihrer Reduziertheit alles andere als kühl. Die starke Überschneidung der beiden aufeinandergestapelten Kuben gibt dem Haus viel Leichtigkeit. Das Obergeschoss scheint regelrecht davonzufliegen. Die Fassade ist oben absolut glatt und im Fugenbild sehr reduziert gestaltet. „Wir haben ein mit Kunststofffolie laminiertes Alublech verwendet“, erklärt Architekt Philipp Bauer. „Die Beschichtung ist extrem stabil und gleichmäßig; gleichmäßiger sogar als Pulverbeschichtung.“
Das Erdgeschoss strahlt im Gegensatz zu dem luftigen Obergeschoss viel Standfestigkeit aus. Die Architekten verwenden einen Backstein, der handgeformt ist. Jeder einzelne Stein hat eine eigene Farbe und Textur. So ergibt sich ein lebendiges Farb- und Schatten-Spiel. „Die Fassade hat auch eine schöne Haptik. Man fasst sie gerne an“, meint Philipp Bauer.
In den oberen Räumen befinden sich die privaten Wohnbereiche. Das gesamte Geschoss ist komplett verglast. Die Schlafzimmer sind alle über Eck belichtet. „Wenn Sie morgens im Bett liegen und aus dem Fenster gucken, haben Sie das Gefühl, sie sitzen in der Baumkrone“, meint Philipp Bauer. Obwohl man sich nur 3,50 m über dem Boden befindet, stellt sich inmitten des dichten Baumbestandes ein Baumhausgefühl ein.
Im Inneren des Gebäudes sorgt die sich spiralförmig hinaufwindende Treppe für einen spektakulären Moment. „Wir wollten die beiden fragil aufeinanderliegenden Gebäudeteile miteinander verschrauben“, erklärt Bauer. Die Treppe ist aus einem Stahlband gefaltet und wurde bereits im Rohbau aufgestellt. Erst nach Bauende haben die Handwerker sie mit dem Anstrich versehen und die Holzstufen verlegt. Die Treppe ist komplett freistehend, was ihre skulpturale Wirkung noch verstärkt.
Die Villa befindet sich in einer Gegend bei Potsdam, die zur Jahrhundertwende wegen des Bahnanschlusses bei den Berlinern ein beliebter Ort für die Sommerfrische war. In den 1920er-Jahren erlebte der Ort seine Blüte. Dort entstanden zahlreiche repräsentative Sommerhäuser. Heute ist der Ort in weitgehend gleichartige 1.500 m² große Grundstücke parzelliert und die dort verbaute Architektur sehr heterogen. Die neugebaute Villa erinnert ein wenig an die Zeit, als wohlhabende Berliner die Gegend nur zwanzig Minuten vom S-Bahnhof Wannsee entfernt für sich entdeckten. Der allgegenwärtige Geruch der märkischen Kiefer lag damals wie heute in der Luft. Das motivierte die Bauherrn, sich Rückzugsorte zu schaffen, die auf eine außergewöhnliche Gestaltung nicht verzichten.
www.nps-tchoban-voss.de
Architekten:
nps tchoban voss
www.nps-tchoban-voss.de
Schreiner:
Bau- und Möbeltischlerei S. Hollenbach
www.tischlerei-hollenbach.de
Bodenbeläge:
Parkett- u. Dielenzentrum Waltersdorf
www.parkettzentrum-waltersdorf.de
Küche:
Küchen Aktuell
www.kuechen-aktuell.de
Haustechnik Planung:
BLS Energieplan
www.bls-energieplan.de
Licht:
Elektro Jahn
www.elektro-jahn.de
High Light
www.highlight-lichtplanung.de
Fenster:
Schüco International
www.schueco.com/web
Metallbau Windeck
www.metallbau-windeck.de
Treppe:
LTM Nitschke & Sohn
www.ltm-nitschke.de
Dach:
Günther Heinrich
www.dachheinrich.de
Gartengestaltung/-planung:
Henningsen Landschaftsarchitekten
www.henningsen-berlin.de
Landschaftsbau:
Zschaber & Wiehe
www.zschaber-wiehe.de
Fotos:
Martin Tervoort