Wiederhergestellte Würde
Haus Meer in Meerbusch erstrahlt in alter Pracht und bietet zugleich japanisches Ambiente
„Das ist ja wie in Tokyo!“ – ein schöneres Kompliment hätte der Bauherr seinem Architekten nicht machen können. Nach rund zwölf Monaten Bauzeit und ebenso langer Planungsphase ist im Untergeschoss des komplett sanierten und erweiterten „Haus Meer“ vor zwei Jahren das japanische Omokase-Sushi-Restaurant „Junsui“ eingezogen.
Haus Meer zählt zu den historischen Gebäuden, die zu einer Zeitreise in die Beziehungsgeschichte zwischen Meerbusch und Düsseldorf einladen: Das ehemalige Bahnhofsgebäude wurde im Zuge der 1898 eröffneten Straßenbahnstrecke zwischen Düsseldorf und Krefeld errichtet, die durch den Bau der Oberkasseler Brücke möglich wurde. Der Bahnhof wurde dabei zugleich zum Ausgangspunkt für die großbürgerliche Gartenstadt „Meererbusch“, die ab 1908 die Urzelle für das heute so beliebte wie exklusive Meerbuscher Villenviertel bildete. Seitdem ist viel Zeit vergangen – 1990 wurde das Bahnhofsgebäude außer Dienst gestellt und seitdem überwiegend gastronomisch genutzt. Im Zuge der von Ben Dieckmann Architekten aus Meerbusch geplanten und realisierten Sanierungsmaßnahmen sollte das Gebäude sein früheres, charaktervolles Erscheinungsbild zurückerhalten, das infolge späterer Umbauten arg gelitten hatte: Die Einputzung des zwischenzeitlich in weiten Teilen verfaulten und damit auch konstruktiv geschwächten Fachwerkes sollte rückgängig gemacht werden. Indem die alte Fachwerkfassade wiederhergestellt wurde, erhielt das Bahnhofsgebäude seine einstige Würde zurück. Gleichzeitig wurden sowohl Fassade als auch Dach energetisch ertüchtigt, die Fenster in einem dunklen Ton erneuert und die gesamte Haustechnik unter Einsatz moderner Technologien wie Geothermie und Fußbodenheizung auf ein CO₂-neutrales Niveau gebracht.
Auch wenn das Gebäude aufgrund seiner verschiedenen Umbauten keinen formellen Denkmalschutz genießt, wurde eine Erweiterung mit Augenmaß vorgenommen: Der an der Giebelseite anschließende eingeschossige Anbau optimiert die Erdgeschossflächen, die für ein weiteres Restaurant genutzt werden, und nimmt sich doch mit seiner schwarzen Holzfassade dezent zurück. Gleichzeitig schafft er eine großzügige Dachterrasse für das Dachgeschoss. Hier befinden sich Büroräume des Bauherren, die durch den freigestellten Holzständerbau und offen gehaltenen Spitzboden besonders großzügig wirken. Im Kellergeschoss eröffnet sich das von den Architekten sorgfältig gestaltete „Junsui“: Der Tresen des Sushi-Meisters und sechs davor arrangierte Sitzplätze prägen den Gastraum, der durch helles japanisches matsu-Kiefernholz und hinterleuchtete shoji-Schiebetüren eine besondere Atmosphäre erhielt. Eine ganz eigene, von der Außenwelt vollständig abgeschirmte Hemisphäre, in der man sich ganz auf den kulinarischen Genuss konzentrieren kann – genauso wie in Tokyo.
Fotos:
Dirk Matull
www.dirkmatull.de
(Erschienen in CUBE Köln Düsseldorf 03|25)



