Reduktion und Offenheit

Eine denkmalgeschützte Villa wurde entkernt und mit Sinn für das Wesentliche neu gestaltet

VEF_1073_f_42_700pixel

Die erste Reaktion, die der Kölner Architekt Uwe Bernd Friedemann zeigte, als ihm ein Tischnachbar in einem Café von einem Immobilienkauf und den anvisierten Arbeiten erzählte, war: „Dachausbau? Das machen andere.“ Die Neugier war dennoch geweckt, denn der Zeitgenossene hatte so eine gelassene Art, von den Licht- und Schattenseiten des Lebens zu erzählen, dass er sein Interesse weckte. Was Friedemann da noch nicht ahnte, offenbarte sich erst bei einem informellen Treffen vor Ort: Das Objekt des Umbaus war eine herrschaftliche Villa, die komplett bis unter das Dach neugestaltet werden sollte. Da die ersten Vorschläge des Architekten gefielen und die Chemie mit dem Bauherrn auf Anhieb stimmte, kam es schon 2001 zu einer dreieinhalbjährigen intensiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit.

Die historische Fassade des 1913 in einer geschlossenen Villenkolonie gebauten Hauses stand für eine Neugestaltung nicht zur Diskussion. Die Auflagen des Denkmalschutzes sahen auch die Wiederherstellung des früheren Mansarddaches vor, das nach dem 2. Weltkrieg durch ein Walmdach ersetzt worden war. Dennoch ergab sich das Zugeständnis des Stadtkonservators, gartenseitig eine großflächige Öffnung des Daches vorzunehmen, um den darunterliegenden Raum ausreichend zu belichten. Da die Innenräume keine historisch erhaltenswerte Substanz boten, wurde das Gebäude bis auf die tragenden Wände entkernt. Dem Wunsch nach zeitgemäßen und optimal nutzbaren Wohnräumen entsprach der Architekt mit einem Entwurf des konzeptionellen Veränderns und Entdeckens: Die ausgeführte minimalistische Formen- und Detailsprache bildet damit auf einer Wohnfläche von insgesamt 1.400 m² einen radikalen Kontrast zur historischen Hülle. Im Erdgeschoss fügen sich Küche, Lounge, Bar und Bibliothek zu einer Gemeinschaftsebene für Zusammenkünfte mit Freunden, Familie und Geschäftspartnern. Materialwahl und Oberflächen beschränken sich hier auf weiß verputzte Wände, dunkelgrauen Naturstein und gelaugte, raumlange Douglasien-Holzdielen, die sich durch eine umlaufende Fuge von den Wänden absetzen. Ob Küchen- und Waschtische oder die Hightech-Bar aus Corian – alles spiegelt bis ins letzte Detail die gestalterische Motivation des Architekten wider. Über das neu integrierte massive Treppenhaus gelangt man bis in das Dachgeschoss in eine 300 m² große Einraumwohnung ohne jegliche Abtrennungen.

Das architektonische Konzept des Umbaus tritt hier deutlich zum Vorschein: Reduktion auf das Wesentliche gepaart mit dem Mut zur Offenheit. Unter dem Erdgeschoss befindet sich ein Badebereich, der sich unterhalb des Gartens mit einer 25 m langen Schwimmbahn bis an das Grundstücksende erstreckt. Am Ende dieses Tunnels lässt sich eine monumentale Glasschiebetür per Knopfdruck zur Seite fahren.

Nach fast zwei Jahrzehnten kam es zur Fortsetzung der gemeinsamen Arbeit an der Villa. Zu Beginn des Jahres 2020 konnte nun auch das beim ersten Umbau ausgesparte Zwischengeschoss noch einmal komplett neu gedacht werden. Erneut wünschte der Auftraggeber mit seiner Familie ein konsequentes Gestaltungskonzept, zu dem eine Reihe von Alternativen erarbeitet wurde. Mit der gewachsenen Erfahrung wurde die zeitlose Reduktion hier weiter verstärkt und auch die Funktionalität noch weitreichender in den Fokus genommen. Dabei wurden die in einem feinen Grau verputzten Wände und die matt lackierten Einbaumöbel und Türen im Farbton exakt aufeinander abgestimmt. Auch die schon bewährten raumlangen, gelaugten Douglasien-Holzdielen und die aus beigegrauem Naturstein gefertigten Elemente in Bädern und der Teeküche passen sich dezent ein. Der meiste Raum bleibt für das Wesentliche: die Menschen im Haus selbst.

www.uweberndfriedemann.de

Fotos:

Viola Epler
www.violaepler.de
Lukas Roth
www.lukas-roth.de

(Erschienen in CUBE Köln Bonn 02|22)

Architekten:

Uwe Bernd Friedemann Architekt
www.uweberndfriedemann.de

Tragwerksplanung:

Kempen Krause Ingenieure
www.kempenkrause.de

Schreinerei:

Schmitt & Schmidt
www.tischlerei-sus.de

Bodenbelag:

Dinesen
www.dinesen.com
Fliesen Forot
www.fliesen-forot.de

Armaturen:

Vola
de.vola.com

Nothing found.

Schwarzer Diamant am See

Dieses Haus verkörpert die perfekte Symbiose von Natur und Architektur

Den Raum erleben

Der Ausbau einer Maisonette in Flingern besticht durch fein abgestimmte Gestaltungsakzente

Architektur als Vermittlerin

Ein neues Zuhause bettet sich in die Topografie ein und definiert den Ort neu

Eine runde Sache

Die Architektur eines Mehrfamilienhauses in Essen-Bedingrade nimmt Bezug auf die Umgebung

Nothing found.

02-Pfarrzentrum-Hippolytushaus-Troisdorf-Aussenansicht-Daniel-Stauch_15_700pixel

Dynamisches Stadttor

Ein Pfarrhaus komplettiert das neue Ensemble um St. Hippolytus in Troisdorf

Eckperspektive_19b_700pixel

Sanierung mit Augenmaß

Die frühere Zentrale des Deutschen Herold in Bonn wurde denkmalgerecht erneuert

011_jk240620mon_19_700pixel

Ruhige Optik im Fokus

Einladende Gestaltung des neuen Bürogebäudes K08

Moxy-Ch-Lachenmaier_MKA-012_300dpi_22_700pixel

Korrespondierende Vielecke

Fünfeckiger Hotelneubau am Köln-Bonner Flughafen

Akzente in Petrol

Penthouse mit ansprechendem Farb- und Materialkonzept

jw1837-0004_700pixel

Weniger ist mehr

Reduzierung auf das Wesentliche: Vier Wände und ein Dach

_DSC1338-HDR-4-Kopie_19_700pixel

Viel Raum für Geborgenheit

Ausblicke und viel Licht von allen Seiten prägen das Heim einer Familie

Urbanität und Natur verbunden

Zukunftsfähiges Wohnquartier leistet Beitrag zu zeitgemäßer Stadtentwicklung