Denkmal der Beständigkeit

Ein 500 Jahre altes Holzblockhaus wurde gerettet

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Wenn dieses Haus sprechen könnte – der Münchner Architekt Markus Stenger hat es zum Sprechen gebracht. Es ist fast, als hätte das Schicksal die beiden zusammengeführt. Stenger₂ Architekten und Partner, das Büro des Architekten, setzt sich für umweltverträgliches Bauen, für Bauen im Bestand und für die Verwendung werthaltiger Materialien ein. Da kam ihm sein Fund gerade gelegen: Er entdeckte ein kleines, unter Denkmalschutz stehendes Haus, das aber in den letzten 30 Jahren eher kaputtsaniert worden war, und legte es frei, indem er innen und außen Schicht für Schicht abtrug und förmlich den Originalzustand herausschälte. Zwei Jahre lang hat er sich nahezu in diese Aufgabe verbissen und es schließlich bis zu seinem Jetztzustand freigelegt. Wie später die dendrochronologische Bestimmung ergab, wurde das Haus 1486 als Holzblockhaus erbaut und hat also inzwischen 536 Jahre überstanden. In der Ausstellung „Circular Construction – von der Verschwendung zur Verwendung“, die aktuell bis zum 2. Juli in der Architekturgalerie München im ehemaligen Hochbunker zu sehen ist, nimmt es die Rolle des kleinen Paradiesvogels ein. Die Nachricht ist klar: Holz war als Baustoff schon immer da und kann Jahrhunderte überstehen. Das Haus hatte laut Baugeschichte 40 Besitzer – somit wäre der Architekt, der das Denkmal käuflich erworben hat, der 41. Eigentümer.

Die Freilegung bis auf den bauzeitlichen Zustand zog sich über verschiedene Etappen hin. Das Bauholz muss wohl als Floss isarabwärts aus dem bayerischen Oberland transportiert worden sein. Das Haus bestand aus Stube, Kammern und Wirtschaftsteil für Gerätschaften, Kleinvieh und Tauben. Ursprünglich war es ein Handwerkerhaus. Später wurde es von reichen Patriziern erworben und ihrem Hausstand hinzugefügt. Stenger hat in Eigenarbeit Schicht um Schicht abgetragen, vorsichtig, um das, was zum Vorschein kam, nicht zu zerstören – Patina, zähe Altersschönheit, gut erhaltenes Holz, aber auch Schäden, die Stück für Stück ersetzt wurden. Die alten Teile sind dunkel, die neuen hell, wodurch ein Patchwork-Haus entstand. Es wurde weitestgehend auf Zement, Kunststoffe, Gips, Dispersion und bitumenhaltige Baustoffe verzichtet. An ihre Stelle traten Lehm, Ton, Holz, Schilf, Sumpfkalk, Hanf und Leinöl. So kann eine maximale Authentizität erreicht werden. Als zukünftige Bestimmung der „Schatztruhe“, wie ihr Entdecker das Haus nennt, ist ein Gästehaus und ein kultureller Veranstaltungsort vorgesehen.

www.zurgastgeb.de
www.stenger2.de

Fotos:

Sascha Kletzsch
www.sascha-kletzsch.de

(Erschienen in CUBE München 02|22)

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