Behutsam eingefügt
Ein multifunktionales Gemeindezentrum besticht durch städtebauliches Fingerspitzengefühl
Ein neues Pfarrzentrum mit Büros für die Verwaltung und einen multifunktionalen Gemeindesaal für Chorproben und Veranstaltungsangebote – das wünschte sich die katholische Pfarrgemeinde St. Helena im Zentrum des Mönchengladbacher Ortsteils Rheindahlen. Die Größe des Grundstückes ermöglichte es, weitere Nutzungen in dem Gebäude unterzubringen. Daher planten schrötgens architekten aus Mönchengladbach ein multifunktionales Gebäude mit zusätzlichem Wohnraum in den Obergeschossen. Das Bauwerk passt sich dabei geschickt in den vorgefundenen städtebaulichen Kontext ein.
Der Neubau, der in direkter Nachbarschaft des Kirchenbaus steht, musste auf die besondere städteräumliche Situation reagieren: Einerseits sollte er eine raumbildende Kante zum Sankt-Helena-Platz bilden, der dem westlichen Seitenschiff vorgelagert ist. Zugleich musste er aber auch einen Abschluss einer Straßengasse bilden, die quer zum Kirchengebäude vorbeiläuft. Erreicht wurde das durch ein traufständiges Dach, das sich im Verlauf um 90 Grad dreht und zu einem giebelständigen, steilen Spitzdach wird. Der Spitzgiebel springt dabei nicht nur markant ins Auge, sondern nimmt auch Bezug zum Verlauf des angrenzenden Kirchenschiffes. Hinter dem dreigeschossigen Giebelbau schließt der multifunktional konzipierte Gemeindesaal mit Küche und Durchreiche an. Dabei verschafft der eingeschossige Baukörper, der entlang einer Wandscheibe verläuft, dem an der Kirche vorbei geführten Fußweg erstmals eine klare Rahmung. Präsenz und Sichtbarkeit nach außen erhält der Saal durch die großformatigen quadratischen Fenster. Diese wurden doppelt so groß ausgeführt wie die ansonsten durchweg vertikalen Fenster. Die Eingänge in das Gebäude sind klar separiert: Während der markant über Eck ausgeführte Haupteingang die Büros erschließt, erhält der Gemeindesaal seinen öffentlichen Zugang vom kirchenseitigen Fußweg aus. Die beiden Wohnungen werden wiederum über ein Treppenhaus erreicht, das sich in der zum Platz gelegenen traufseitigen Gebäudehälfte befindet. Auch in der Materialität des Neubaus wurde darauf geachtet, dass Bezüge zur historischen Bausubstanz hergestellt werden, die sich auf dem Grundstück sogar im Erdreich wiederfand: Beim Aushub des Kellers sicherten Archäologen Mauerrreste und einen Wassergraben einer Burganlage aus dem 13./ 14. Jahrhundert. Das gelbe Klinkermauerwerk des Neubaus bildet vor allem aber einen direkten Bezug zu dem ebenfalls in hellem Backstein ausgeführten romanischen Kirchenturm, der beim Wiederaufbau nach 1900 in den rot geklinkerten neugotischen Kirchenbau mit integriert wurde. Im Zusammenspiel mit dem ebenfalls am Platz gelegenen, ebenfalls rot geklinkerten Nachbarhaus wird hier im Kleinen das Wechselspiel der Materialien und Farben wiederholt, das sich im Großen bereits schon einmal bewährt hat.
www.schroetgens-architekten.de
Fotos:
Constantin Meyer
www.constantin-meyer.de
(Erschienen in CUBE Düsseldorf 04|23)