Resonanzräume
Transformation eines Gebäudes macht die industrielle Vergangenheit erlebbar
Das Noxx Hotel verbindet Geschichte und Moderne auf eindrucksvolle Weise. Als Teil des Lifestyle-Areals des Lokschuppens Marburg verwandelt es ein Industriedenkmal in einen lebendigen Ort für Begegnung, Arbeit, Genuss und Erholung. Auf sechs neuen Geschossen bietet das Hotel, errichtet auf den Resten der alten Maschinenhalle neben dem ehemaligen namengebenden Lokschuppen, 82 Zimmer, Seminarräume, ein Fitnessstudio, eine Bar und eine Rooftop-Terrasse mit Panoramablick.
Das Gebäude erfüllt den Effizienshaus-Standard 55 EE mit Wärmepumpen, Photovoltaik und intelligenter Gebäudetechnik und erzählt zugleich von der gelungenen Verbindung aus industrieller Geschichte, moderner Ingenieurskunst und emotionaler Gastlichkeit. Das Interior Design von Studio Aberja macht die Vergangenheit des Lokschuppen-Areals als atmosphärischen Resonanzraum für zeitgenössischen Lifestyle spürbar. Bereits beim Betreten der Lobby wird deutlich, wie die Gestalter die industrielle DNA des Ortes in ein Raumkonzept übersetzt haben, das gleichermaßen funktional wie sinnlich ist: Sichtbare Betonstützen, gealterte Ziegelwände und maßgefertigte Details wie gebogene Stahlwaschschalen erzählen von Handwerk und Technik, während warme Farben und Texturen eine Weichheit hinzufügen. Das Ziel der Planer war nicht, die Spuren zu glätten, sondern diese zu transformieren. So avancierten 24 Rundstützen im Erdgeschoss zu Protagonisten des Raums: Sitzbänke, Regale, Tische und raumhohe Leuchten verbinden sich zu einer begehbaren Skulptur, die an eine riesige Maschine erinnert – ein Sinnbild für die Ingenieurskunst, die einst hier zu Hause war. Gleichzeitig brechen Materialien und Farben bewusst mit der kühlen Analogie und verleihen dem Ensemble einen warmen, fast wohnlichen Charakter. Auch in den Gästezimmern folgt das Design dieser Dualität: Aufgrund der komplexen Gebäudegeometrie entwickelten die Gestalter ein System typisierter Einbaumöbel – Regale, Kleiderschränke, Waschtische –, um die Vielfalt der Grundrisse zu ordnen und zugleich Individualität zu bewahren. Ein homogenes Prinzip, das Ruhe schafft, ohne Eintönigkeit zu erzeugen. Ein besonderer Dialog entwickelte sich mit dem Bauherrn, dessen Begeisterung für Technik und Präzision das Projekt prägte. In enger Abstimmung mit Aberja entstand so zum Beispiel die Noxx-Signature-Leuchte: eine parametrisch entworfene Lichtskulptur, deren Wellenstruktur ein faszinierendes Spiel aus Schatten und Reflexionen erzeugt. Ihr Licht erinnert an die Iris eines Auges und steht symbolisch für Wahrnehmung, Fokus und Tiefe.
Fotos:
Steve Herud
(Erschienen in CUBE Frankfurt 04|25)
