Traumhaus im Schindellook
Mit Seeblick und kleinen Überraschungen
Auf der Suche nach dem geeigneten Architekten für ihr Traumhaus stießen die Bauherren während der Architektouren auf ein Gebäude des Münchner Büros Jacob und Spreng, von dem nun auch der Entwurf für diesen Zweitwohnsitz stammt. Ein Bestandshaus, das zuvor auf diesem Seegrundstück stand, hatte vor Jahren bei einem Hochwasser einen erheblichen Wasserschaden erlitten. Da die Bodenplatte gebrochen war, war es nicht mehr zu erhalten. Als Reminiszenz an das alte Haus trägt nun auch das neue ein „Kleid“ aus Schindeln wie sein Vorgänger. Im Bayerischen Wald fand sich ein Schindelmacher, der das Handwerk noch beherrschte, die Schindeln aus Lärchenholz anzufertigen und anzubringen. Erstaunlich gut verträgt sich diese „Verkleidung“ mit dem modernen Stahlbetonbau und den sichtbar gelassenen Betondecken aus gestocktem Sichtbeton, die das Haus wie zwei Rahmen umfassen. Ein näherer Blick offenbart viele überraschende Feinheiten, die man gemeinsam „erfunden“ hat. Während des Entwurfsprozesses entstand die Idee, die Treppe als Gestaltungselement in Form eines additiven Elements aus Sichtbeton anzubauen. Optisch eine schöne Idee und praktisch eine platzsparende Lösung im Innern. In einem offenen Durchgang an der Nordseite für Auto, Segelboot und anderes Sportgerät befindet sich der Eingang. Ein weiterer Zugang zum Obergeschoss auf der Südseite ist eine motorbetriebene Zugbrücke, die je nach Bedarf hoch- und heruntergefahren werden kann und in den Garten führt. Im Obergeschoss liegt das Schlafzimmer – und wer gerne bei offener Tür schläft, dem sichert die hochgefahrene Treppe einen ruhigen Schlaf. Der riesige überdachte Balkon, der aus dem Obergeschoss auskragt, erstreckt sich über die Hauskante hinaus und verläuft um die Ecke bis zur Zugbrücke. So ergibt sich ein Frühstücksplatz im Süden, während die Hauptbalkonfläche nach Westen zum See hin ausgerichtet ist. In einen Ausschnitt im Balkondeck eingelassen ist ein Liegenetz – sehr geeignet zum entspannen, lesen, dösen. Überhaupt gibt es immer wieder kleine Überraschungen und das ganze Gebäude richtet sich sehr nach dem Bedarf seiner Nutzer. Keine standardisierten Raumaufteilungen, alles ist offen. Kein luxuriöser, überflüssiger Schnickschnack, sondern sympathische, pragmatische und doch sehr geschmackvolle Lösungen.
Im Erdgeschoss befindet sich ein großer Raum von etwa 55 m², der ein hängendes Sofa à la Hollywoodschaukel enthält sowie eine lange Werkbank. Eine Toilette, ein Technikraum – das war’s. Hier kann man arbeiten, relaxen oder auch mal Partys feiern. Eine breite Treppe aus Douglasie führt nach oben, wo ebenfalls ein großer, offener Raum mit langen breiten Douglasiendielen alle Wohnfunktionen erfüllt. Ein hohes, offenes Küchenregal, das fast die ganze Schmalseite ausfüllt, und ein tischartiger Küchenblock aus Edelstahl sind die unbestrittenen Eyecatcher in diesem Raum – und natürlich die riesige raumhohe und rahmenlose Fensterfront mit Blick zum See. An beiden Enden des Raums docken kleinere Schlaf- oder Gästezimmer mit Bädern an. Außen wie innen erfrischend unprätentiös.
Wohnfläche: ca. 202 m² + 55 m² Balkon + 60 m² Terrasse
Grundstücksgröße: 1.630 m²
Bauzeit: 2018–2019
Bauweise: Massivbau Stahlbeton mit hinterlüfteter Schindelfassade
Energiekonzept: Gasbrennwert, Fußbodenheizung, Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
(Erschienen in CUBE München 03|20)