Im Dialog mit dem Bestand
Die Erweiterung einer Gesamtschule verbindet offene Raumstrukturen mit Ortsbezug
Die neu gegründete Gesamtschule Oppum übernimmt das über Jahrzehnte gewachsene, heterogen bebaute Schulgelände einer Realschule, wobei der dreizügige Betrieb auf einen fünfzügigen aufgestockt wird. Das Bochumer Architekturbüro SSP AG erhielt bei der europaweiten Ausschreibung den Zuschlag für die Teilsanierung und Umbau des teilweise denkmalgeschützten Bestandes. Zugleich wurde nach seinen Plänen der Erweiterungsbau umgesetzt, der die Geschichte des Standortes respektiert, aber auch die Schulidentität in die Gegenwart holt. Das Erweiterungsgebäude wurde zwischen dem Bestand und der Sporthalle auf einem freigeräumten Areal positioniert, auf dem vorher provisorische, teilweise schadstoffbelastete Bauten gestanden hatten. Dadurch konnte eine städtebauliche Fassung erreicht werden, die eine klare Raumkante zur Umgebung ausbildet und einen markanten Gegenpol zu dem historischen Altbau mit Uhrenturm erschafft. Der dreigeschossige Gebäuderiegel mit einem viergeschossigen Hochpunkt ordnet sich dabei unaufgeregt und selbstverständlich in das bestehende Gebäudeensemble ein. Durch die gewinkelte Gebäudeform entsteht zugleich ein neuer Schulhofbereich, der Sicherheit, aber auch Offenheit ausstrahlt. Nahezu der gesamte alte Baumbestand auf dem Gelände konnte erhalten werden. Durch eine regelmäßige Geschoss- und Fensterteilung ist ein ruhiger, monolithischer Baukörper entstanden, der durch einige besondere plastische Details spannungsvoll gegliedert wird. Der helle, in einem langen Abstimmungsprozess mit einem lokalen Hersteller entwickelte Klinker-Farbton zitiert sowohl benachbarte Umgebungsbauten, orientiert sich aber auch an dem historischen Schulgebäude aus der Zeit der Jahrhundertwende. Der Neubau beherbergt Unterrichtsräume für die älteren Jahrgänge, Fachräume für Kunst, Musik, Darstellung und Informatik sowie ein Schüler-Selbstlernzentrum. Ein großzügiger, zweigeschossiger Multifunktionsbereich mit Aula, Bühne und Mensa im Erdgeschoss bildet dabei das Zentrum des Schulalltags, ist zugleich aber auch ein Forum für Darbietungen und Veranstaltungen. Durch die offene Gebäudeorganisation, die durch ein modernes Brandschutzkonzept möglich wurde, werden mehrere pädagogische Cluster ausgebildet. Anstatt einer konventionellen „Flurschule“ konnten so offene Lernlandschaften entstehen, die mit viel Transparenz, hochwertiger Ausstattung und nachhaltigen Materialien ein zeitgemäßes und motivierendes Umfeld schaffen. So verfügen alle Klassen über hochwertige Holz-Glas-Rahmentüren, die neben Einblicken in die Unterrichtsräume auch für eine indirekte natürliche Belichtung der Mittelflure sorgen. Alle Flure sind wiederum durch offene Zonen mit Außenbezug unterbrochen und schaffen so Orte sowohl für informelle Begegnungen als auch frei bespielbare Unterrichts- und Lernbereiche. Eine barrierefrei zugängliche Dachterrasse bietet schließlich einen Pausenort mit Ausblick, kann aber auch von benachbarten Kunst- und Musikräumen als Unterrichts-, Ausstellungs- und Performancefläche genutzt werden.
Fotos: Jörg Hempel
www.joerg-hempel.com
(Erschienen in CUBE Düsseldorf 04|24)