Hoch hinaus
Zugewinn an Büro- und Wohnflächen durch Neubau und vertikale Erweiterung
Es ist hocherfreulich, dass sich inzwischen nahezu jedes neue Bauwerk an Nachhaltigkeitskriterien messen lässt. Innerhalb weniger Jahre ist es zur Selbstverständlichkeit geworden, sorgfältig zu planen sowie umweltschonend, recyclebar und verantwortungsvoll zu bauen. Diesen Kriterien folgt auch ein Neubau am S-Bahnhof Wedding, der eine Lücke im Bestand schließt. Das siebengeschossige turmartige, knapp 27 m hohe Gebäude ist ein so genannter Mixed-Use-Bau, der beides, Wohnen und Büronutzung, in sich vereint.
Die straßenseitige Ostfassade hat nur im obersten Geschoss Loggien, was angesichts der Lage unweit des Bahndamms Sinn macht. Auf der rückwärtigen Westseite hingegen gibt es Balkone mit verschiedenfarbigen Brüstungen. Der Neubau schließt direkt an ein niedrigeres Gebäude zur Linken an. Rechts grenzt er an ein historisches, industrielles Bestandsgebäude. Obwohl die Neubau-Fassade gänzlich anders gestaltet ist, passt sie sich dem Bestand erstaunlich gut an: Der rechte Nachbar mit seiner Fassadengliederung aus vertikalen und horizontalen Wandvorlagen harmoniert mit den Fensterbändern des Neubaus. Die Architekt:innen Holzer Kobler aus Berlin wählten, gemeinsam mit dem Büro Zweikant aus Köln, so weit möglich, Holz als Baustoff. Das Untergeschoss, das Erdgeschoss sowie das Treppenhaus wurden in Stahlbeton gefertigt. Die Holz-Hybridbauweise spiegelt, in Bezug auf die Gebäudedimension, den zur Zeit der Umsetzung baulich größtmöglichen Holzanteil wider. Bei der Fassade handelt es sich um eine vorgehängte, hinterlüftete Fichtenholz-Fassade, beschichtet mit einer organischen, schwedischen Wetterschutzfarbe. Die Grundrisse der Büros und Wohnungen wurden so flexibel gehalten, dass sie den unterschiedlichen Bedarfen angepasst werden können. Die großen Fensteröffnungen werden mit versetzt angeordneten, markanten weißen Flächen betont, die mit dem matt dunkelgrünen Fassadenanstrich kontrastieren.
Ein Surplus wurde hier noch nicht angesprochen: Neubau und Bestandsgebäude wurden einander in der Höhe angepasst, indem der um ein Geschoss niedrigere Industriebau aufgestockt wurde. Die Aufstockung ist im Prinzip eine Verlängerung des siebten Geschosses des „Turms“ in der gleichen Architektursprache dar – grüner Rahmen und Loggien sowie geschlossene Fassadenteile. So wurde straßenseitig ein weitere Wohnetage gewonnen. Auch der Seitenflügel im Norden und die den Innenhof bildenden Hinterhofgebäude wurden aufgestockt und somit das gesamte Ensemble höhenmäßig nivelliert, was insgesamt eine enorme vertikale Nachverdichtung bedeutet.
www.zweikant.com
www.holzerkobler.com
Fotos:
Jan Bitter
www.janbitter.de
(Erschienen in CUBE Berlin 02|24)