Der Anker im Quartier
Gemeinschaftlicher Planungs- und Bauprozess fördert Identifikation und lebendiges Miteinander
Den Namen „Anker 6“ für das neue Gebäude innerhalb des letzten Wohnhofes des Steingauquartiers darf man wörtlich nehmen, denn es ist sozusagen das Ankerprojekt und die zentrale Infrastruktur des Baufeldes. Es fungiert u. a. als Bürogebäude von LP&H Architekten, die die planerische Koordination der zehn unterschiedlichen Projekte übernommen haben. Nicht nur die Gebäude, sondern auch der gemeinschaftliche Innenhof und die darunter liegende Tiefgarage wurden dabei durch eine private Bauherrengemeinschaft realisiert, bei der sich alle Beteiligten rechtlich zusammengeschlossen haben.
Ebenfalls in einer Bauherrengemeinschaft entstanden die neuen Räume des Architekturbüros zusammen mit vier Wohnungen in den Obergeschossen. Der nachhaltige Holzhybridbau wurde mit nachwachsenden Materialien gedämmt. Neben einer effizienten Wärmerückgewinnung sowie einer großflächigen PV-Anlage wurde er mit einer intelligenten Steuerung der Haustechnik ausgestattet. Übergeordnetes Ziel der technischen Gebädueausrüstung war der maßvolle Einsatz sinnvoller Technik in Kombination mit ökologischen Baustoffen und einem suffizienten Gebäudekonzept. Dessen Grundstruktur ist so ausgelegt, dass sie langfristige Nutzungsflexibilität und damit Raum für Veränderung gewährleistet. Trotz der flexiblen, auf einem Raster basierenden Grundstruktur, gelingt dem Gebäude eine individuelle Antwort auf den besonderen städtebaulichen Kontext: Mit seinem skulpturalen Baukörper und den flächenbündigen Fenstern in einer anthrazitfarbenen Schindelfassade hat es eine ebenso zurückhaltende wie selbstbewusste Präsenz am Ort.
Im Steingauquartier hat das Architekturbüro insgesamt 12 Hochbauten und drei Tiefgaragen mit unterschiedlichen Akteuren realisiert. Vom Bio-Supermarkt bis zum Seniorenwohnen, von der Heizzentrale bis zum Quartierszentrum, vom geförderten Wohnungsbau bis zum privaten Stadthaus reichen die hybriden Nutzungen und vielfältigen sozialen Konzepte. Die Entwicklung des Quartiers haben die Architekten dabei schon von Anfang an mit Ausstellungen und Veranstaltungen zum gemeinschaftlichen Planen und Bauen aktiv begleitet. Der Vorteil des gemeinschaftlichen Planungs- und Bauprozesses ist ein von Anfang an lebendiges Miteinander und eine spürbar hohe persönliche Identifikation der Bewohner:innen mit ihrem Quartier. Die hohe bauliche Dichte ist dabei nicht nur räumlich spürbar, sondern auch als Nutzungsdichte erlebbar, die individuelle Begegnungen und eine resiliente Nachbarschaftsstruktur fördert.
Fotos:
Oliver Rieger
www.oliverrieger.com
(Erschienen in CUBE Stuttgart 01|25)