Aufgestockte Potenziale
Ein Dachgeschossumbau in Bilk ist besonders flächen- und energieeffizien
Wohnungsknappheit in den Städten führt dazu, dass der Ruf nach Großsiedlungen lauter wird. Welchen massiven Flächenverbrauch das angesichts aller bereitzustellenden Infrastrukturen bedeutet, wird dabei oft vergessen. Bevor neue Flächen unwiederbringlich versiegelt werden, sollten die Anstrengungen weiter verstärkt werden, bestehende Innenstadtpotenziale bestmöglich auszunutzen und zu aktivieren. Das Düsseldorfer Architekturbüro Konrath und Wennemar führt an einem typischen Wohn- und Geschäftshaus der Jahrhundertwende in Bilk vor, wie sich die Höhenreserve des Bestandes aktivieren und dabei energieeffizient ausbauen lässt.
Das gut erhaltene Wohn- und Geschäftshaus aus dem Jahr 1897 liegt mitten in der Lorettostraße. Die Ausgangssituation waren vier Vollgeschosse und ein niedriger Kniestock mit Dachstuhl. Durch Aufstockung und Ergänzung eines Aufzuges sollte das Haus um eine 195 m² große Wohneinheit erweitert werden. Dafür mussten die letzte Geschossdecke und der Dachstuhl vollständig abgetragen werden. Unter Einhaltung der Firsthöhe der Nachbarbebauung wurde dem Gebäude anschließend ein zusätzliches Vollgeschoss in voller Altbauhöhe hinzugefügt sowie der Dachstuhl, der zwei Ebenen umfasst. Die beengte Innenstadtlage und fehlende Flächen für eine Baustelleneinrichtung erforderten dabei eine besondere Bauweise aus ressourcenschonenden Brettsperrholz-Elementen (CLT). Der Erhaltungssatzung folgend wurde die Fassade historisierend gestaltet: Sowohl die Fenster, als auch Farbgebung und Bauschmuck bilden eine Einheit mit dem Bestand. Die Wärmedämmung wurde mit einem hochwertigen Wärmedämmverbundsystem aus Steinwollplatten im KfW-55-Effizienzhaus-Standard ausgeführt. Die aufgestockte Wohneinheit wird direkt über das Treppenhaus erreicht. Um Barrierefreiheit zu ermöglichen, wurde im Bereich des früheren Etagen-WCs ein Aufzug integriert. Dieser endet in der Dachwohnung, kommt aber auch allen weiteren Wohnparteien zugute. Auf der unteren Etage bietet die Wohnung einen durchgängig von Straße zu Hof verlaufenden Wohn-Koch- und Essbereich mit hofseitig angefügtem Balkon. Auch das Elternschlafzimmer sowie ein Arbeitszimmer finden hier ihren Platz. Die darüberliegende Kinderetage bietet entlang eines Flures ausreichend Platz für drei Kinderzimmer und ein großzügiges Familienbad mit freistehender Badewanne. Über Dachflächenfenster erhalten alle Räume dabei viel Tageslicht und Ausblicke in den Himmel. Außerdem gibt es auf der Etage noch ein Gästezimmer, das straßenseitig eine kleine Dachterrasse direkt hinter dem Ziergiebel erhalten hat mit Ausblick auf den benachbarten Rheinturm. Die zweite Ebene des Dachstuhls direkt unter dem First ist dagegen komplett Lager- und Technikräumen vorbehalten. Aber nicht nur bei der Wohnfläche, sondern auch bei der Energieeffizienz punktet die Aufstockung: Mit einer Luftwärmepumpe, Photovoltaikelementen auf beiden Dachflächen und einer kontrollierten Wohnraumlüftung ist sie nachhaltig und energieautark.
Fotos:
Martin Gaissert
www.martingaissert.de
Harald Wennemar
konrath und wennemar
(Erschienen in CUBE Düsseldorf 03|24)