Archiv eines Lebens
Das Vermächtnis des großen Architekten Meinhard von Gerkan
Nachdem Meinhard von Gerkan im November 2022 verstorben war, suchte seine Familie nach einer adäquaten Möglichkeit zur Archivierung und Präsentation seines umfangreichen Lebenswerkes. In seinem 2015 fertiggestellten Architektursalon an der Elbchaussee fand sich der ideale Ort. In engem Austausch mit der Familie hat Formwaende Büro für Innenarchitektur und Design aus Lüneburg die Mediathek konzeptioniert und umgesetzt.
Bei der intensiven Auseinandersetzung mit Architekt und Werk wurde sein gewissenhaftes, uneitles und rationales Entwurfsprinzip erkennbar. Der fehlende Formalismus ist ein wesentliches Merkmal seiner Arbeit, die von konzeptioneller, gestalterischer und atmosphärischer Dichte geprägt war. Seine Konzepte waren schlüssig und nachvollziehbar, so dass sie die Blaupause für den Entwurf der Mediathek lieferten. Ihre Aufteilung wurde aus dem Grundriss des Architektursalons entwickelt. Auch für Konstruktion, formale Gestaltung und Materialität fanden sich Anknüpfungspunkte in der Fassade und im Gebäudeinneren. Die neue Nutzung fügt sich passgenau in seine DNA ein. Die frei im Raum stehenden Einbauten schaffen vier unterschiedliche Bereiche mit offen-kommunikativem bis intim-ruhigem Charakter. Auf ein kleines Kino mit Stauraum und versteckt integriertem Arbeitsplatz für die umfangreiche Dia-Sammlung folgt eine Bibliothek mit offenen Regalen für große Bildbände. Diese grenzt an einen offenen und einladenden Empfangsraum mit Arbeitstisch und Präsentationsflächen. Den Abschluss bildet ein Raum für den großen Planschrank mit der umfangreichen Sammlung an Handzeichnungen.
Alle Schränke basieren auf dem gleichen Konstruktionsprinzip: Schichtung von Flächen. Dabei variiert das Verhältnis von geschlossenem Stauraum zu offener Präsentationsfläche. Die Einbauten sind in Anlehnung an Siebdruckplatten, aus denen von Gerkan diverse Möbel konstruierte, mit rötlich gebeiztem Ahorn-Furnier belegt. Teilweise großformatige Rundungen geben dem Material eine zusätzliche Eleganz und stellen eine Verbindung zum radialen Grundriss her. Die schwarzen Magnetbänder tragen die Beschriftung und trennen die einzelnen Schichten der gestapelten Konstruktionen formal. Die Mediathek versteht sich als Fortführung der Architektur, wobei der Urheber des Bauwerks zentrale Figur bleibt. Alle gestalterischen Entscheidungen leiten sich aus dem ab, was er der Nachwelt hinterlässt.
Fotos:
Fred Dott
www.freddott.de
(Erschienen in CUBE Hamburg 03|24)