Bewahrend erhalten
Sensible Restaurierung und Instandsetzung eines ortstypischen Dorfhauses
Die schöpferische Umwandlung eines alten landestypischen Bauernhauses aus dem 19. Jahrhundert nannten die Architektinnen Christine Lara Hoff und Sierra Boaz Cobb „No Man’s Land“. Die Bezeichnung bezieht sich auf die Lage: Das Haus steht in einem nur aus wenigen Häusern bestehenden Dorf an der Mecklenburgischen Seenplatte – sozusagen im Niemandsland. Die Formulierung „schöpferische Umwandlung“ ist hier treffend gewählt, denn die Baumaßnahmen beinhalteten mehrere Prozesse.
So wurden die ursprüngliche Bausubstanz freigelegt, Rückbauarbeiten an DDR-zeitlichen Umbauten vorgenommen sowie ein zugemauertes Fenster und die geschlossene Haupteingangstür geöffnet. Zudem entfernte man den Putz und legte das Ziegelmauerwerk frei. All diese Eingriffe enthüllten nach und nach die ursprüngliche Konstruktion: ein traditionelles Holzfachwerk mit Außenmauerwerk und einem klassischen Satteldach an den Längsseiten, während die Stirnseiten einen im oberen Bereich abgeschrägten Walm zeigen. Erst mit dem Abschluss dieser vorbereitenden Maßnahmen konnten die umfangreichen Sanierungsarbeiten beginnen und die Konstruktion nachhaltig verbessert werden. Die wiedergewonnene Mauerwerksfassade zur Straße hin wurde restauriert und behutsam erhalten, wodurch sich das Wohnhaus optisch wieder harmonisch in das Dorfensemble einfügt. Zur Rückseite und zum Garten hin wurden große Einschnitte ins Mauerwerk vorgenommen, um neue Panoramafenster zu setzen, die viel Licht in die Innenräume lassen. Über eine podestartige Terrasse erreicht man nun über vier Stufen den Garten.
Innen wurde das alte Gebälk freigelegt und der Grundriss des Erdgeschosses geöffnet. Ein offener Luftraum über einem Drittel der Grundfläche gibt den Blick bis zum First frei, während eine schwebend wirkende, minimalistische Kragstufentreppe aus Stahl zum neuen Obergeschoss führt. Durch ein schmales, sehr hohes Fenster in der Seitenwand wird die Doppelgeschossigkeit betont. Einen wesentlichen Beitrag zur energetischen Versorgung leistet das Beton-Ziegel-Satteldach mit Solardachziegeln. Es ist zudem mit einem geothermischen System gekoppelt, sodass die Energiebilanz Netto-Null beträgt. Die Architektinnen haben ein architektonisches Palimpsest geschaffen, indem sie historische Substanz freigelegt und Überformungen entfernt haben, die den ursprünglichen Charakter zerstört hatten. Durch neue, hochmoderne und technologisch zeitgemäße Hinzufügungen wurde das Haus ertüchtigt und in die Gegenwart geholt.
www.hoffarchitects.com
www.atelierboaz.com
Wohnfläche: 150 m²
Grundstücksgröße: 1.923 m²
Bauzeit: 2019–2020
Bauweise: Fachwerk, Mauerwerk, Holstständerwerk
Energiekonzept: Geothermie & PV Dachziegel
Fotos:
Pujan Shakupa
stark.shakupa.com
(Erschienen in CUBE Berlin 03|25)
