Weniger Küche, mehr Wohnen
Die Eurocucina in Mailand inszenierte die Küche als das repräsentative Zentrum der Wohnung
Auf der Eurocucina in Mailand zeigte sich deutlich, welchen Wandel die Küche in den letzten Jahren durchgemacht hat. Lange Zeit fand das Zubereiten der Mahlzeiten in einem separierten Funktionsraum statt. Der Hersteller bulthaup demonstrierte mit einer beeindruckenden Installation in der Kirche San Carpoforo im Mailänder Stadtteil Brera die komplette Auflösung dieser alten Vorstellung. Um den Esstisch als zentralen Ort herum kreierte bulthaup seine Produkte als unterschiedliche Lebenswelten. Der Hersteller entwickelt nicht mehr nur Küchensysteme, sondern vor allem „Wohnraumprogramme“. Die Verschmelzung von Küche und Wohnen zeigte sich auch bei den Materialtrends. Statt funktionalen Materialien wie Edelstahl oder Kunststoff sah man an vielen Ständen wertvolle Naturmaterialien. Allgegenwärtig bei den italienischen Premiumherstellern wie Dada, Enestomeda, Valcuccine oder Rossana war der Marmor. Boffi verwendet mit der Mooreiche in der Küche sogar edle Hölzer. Arclinea stellte mit „Italia“ eine neue Küche des Designers Antonio Citerrio vor. Die glänzt nicht mehr in Edelstahl, sondern der Stahl ist beschichtet in den Farben Bronze, Kupfer oder Champagne. Die neuen Materialien werten die Küche auf. Als der wichtigste Ort für gemeinschaftliche Ereignisse mit der Familie oder Gästen ist die Küche heute das repräsentative Zentrum der Wohnung. Bei den Materialien war Beton ein weiterer Trend. Der Hersteller Leicht zeigte nicht nur Arbeitsplatten, sondern mit der Serie „Concrete“ auch Korpusmöbel, deren Oberfläche mit Beton beschichtet ist. Durch die Betonoptik wird die Küche Teil der Architektur. Leicht präsentierte auf seinen Messestand und in einem neu veröffentlichen Buch diesen Schulterschluss von Architektur und Küche anhand vieler Projektbeispiele.
Auch die Gerätetechnik arbeitet mit am Verschwinden der Küche im traditionellen Sinn. Miele zeigte ein Programm an Geräten, welches grifflos ist und sich flächenbündig einpassen lässt. Dank der immer ausgereifteren Induktionstechnik verstecken sich bei Boffi die Kochfelder unsichtbar in der Arbeitsplatte. Beim Dunstabzug zeigte der deutsche Hersteller Gutmann keine Maschinentechnik, sondern Lüftungssysteme in Form von handgefertigten Designobjekten. Gutmann ist Teil der Elica Gruppe, welche softwaregesteuerte Dunstabzugssysteme mit USB-Anschluss präsentierte. Per App lässt sich heute das komplette Raumklima regulieren und Kochfeldabzugssysteme machen die klassische Dunstabzugshaube sogar überflüssig. In der Küche verschwindet derzeit wie bei einem Smartphone die Technik hinter dem Design. Es geht dort nicht mehr nur ums Kochen, sondern immer mehr auch ums Wohnen.