Erstarkte Italiener
Auf dem diesjährigen Salone del Mobile in Mailand dominierten die großen italienischen Designmarken
Die italienische Möbelindustrie zeigte sich in diesem Jahr in Mailand endlich im Aufwind. Nach sieben Jahren gab es 2015 erstmalig ein Umsatzplus von 3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zugpferde sind die großen italienischen Designmarken, die ihr Geschäft im hohen Maße im Ausland machen. Vor allem die USA ist dabei ein wichtiger Markt. So verkündete B&B Italia stolz, man gehöre zu den Unternehmen, die die neue Zentrale des Apple Konzerns ausstatten. B&B feierte 50-jähriges Jubiläum und setzt dabei stark auf britisches Design. Jasper Morrison hat für den von Herzog & de Meuron geplanten Erweiterungsbau der Tate Modern in London die Sofaserie „Bankside“ entworfen. Das Londoner Designerpaar Doshi Levien setzt mit Loungesesseln und überdimensionierten Poufs den Trend zu runden, voluminösen Formen in Szene.
Für Vitra möchte Jasper Morrison mit seiner aktuellen Sofa Kollektion eine neue Art von Sitzkomfort etablieren. Die Polstermöbel sind ungewöhnlich weich, ohne das der Nutzer darin versinkt. Bei Driade zeigte Kreativdirektor David Chipperfield sein neu initiiertes Programm „driade living“. Philippe Starck entwirft dafür die kantige Sofa- und Sessel Serie „cinemascope“. Opulente Formen wählt Patricia Urquiola bei ihrem neuen Loungesessel „Gender“ für Cassina. Die Designerin drapiert unterschiedliche Lagen und Farben schwerer Textilien. Casamania arbeitet mit Luca Nichetto und stellte das modulare Sofasystem „Lofoten“ vor, was stark an „Bikini“ von Werner Aisslinger für Moroso erinnert. Magis zeigte eine Bank-Tisch-Kombination mit schwerem Unterbau aus Gußeisen, gestaltet von Konstantin Grcic. Dazu gibt es als Edition ebenfalls im Grcic-Design den gußeisernen Magis-Esel „Ettore“. An Werkstattmöbel erinnert die konzeptuelle Büromöbelstudie des Designers Jerszy Seymour. Magis folgt weniger dem allgegenwärtigen Trend zur Gemütlichkeit und setzt stattdessen auf einen rauen Industrielook. Spezialist für Möbel aus Metall ist Emeco aus den USA. Sam Hecht hat zusammen mit Kim Colin neue Objekt-Möbel entwickelt. Der Purismus der Bänke, Tische, Regale aus Holz und Aluminium schafft eine wohltuende Ruhe, wie man sie derzeit nur noch selten im Möbeldesign findet. Aus Metall ist auch die neue Outdoormöbelserie Palissade der Brüder Bouroullec, die der Hersteller Hay in einem Hinterhof in der Brera präsentierte. Cappelini eröffnete in der Brera einen zweiten Showroom. Als Neuheit präsentierte das für viele Designkarrieren so wichtige Unternehmen unter anderem Editionen des July Chairs von Werner Aisslinger und einen skulpturalen Loungesessel des polnischen Designers Mac Stopa. In der Via Pantaccio organisierte Moroso eine Retrospektive des britischen Designers Ron Arad, dessen Objekte auf Auktionen Höchstpreise erzielen. Moroso präsentierte die Möbelkunstwerke in einem schwarzen Tunnel mit scheppernder Technomusik. Das aufwendige Spektakel könnte man als 1990er-Jahre Revival interpretieren.
Jenseits der großen Marken zeigten die Franzosen, wie man sich auf dem Markt behaupten kann. Haymann, Red, Objecto, La Chance und Harto teilten sich als Spezialisten für Autoren-Design einen Messestand. Paris ist das Zentrum für diese Design-Editeure, zu denen auch das Label Petite Friture gehört. Diese Produzenten sprechen eine Klientel an, die weniger die Marken huldigt, sondern nach mehr Individualität beim Einrichten sucht. Einen solchen Leckerbissen für Design-Aficionados ist auch das erstmalig in Mailand vertretene Unternehmen Astep. Inhaber Allessandro Sarfatti ist der Enkel des legendären Leuchten-Designers Gino Sarfatti. Mit Candela produziert er eine Leuchte, die ihren Strom selbst produziert. Außerdem legt Sarfatti Entwürfe seines Großvaters sowie des Mailänder Architekten Vittoriano Viganò neu auf.