L(i)ebenswert in Praunheim
Ein Haus für Menschen mit besonderen Lebensbedürfnissen
Als das alte, aus den 1960er-Jahren stammende Gebäude der Praunheimer Werkstätten an der Nidda in die Jahre gekommen war, musste ein neues Domizil gefunden werden. Klar war, dass die neuen Werkstätten nicht nur barrierefrei werden, sondern auch mehr Platz und Entfaltung bieten sollten. Als das passende Grundstück gefunden war, ermittelten Sander Hofrichter Architekten zunächst in intensiven Gesprächen mit den Betreibern die spezifischen Bedürfnisse und Wünsche. Da das Haus 240 Menschen mit unterschiedlich schweren Behinderungen und Einschränkungen die Chance bietet, einer für sie geeigneten Arbeit nachzugehen, war es wichtig, einen Ort zu schaffen, an dem ein strukturierter Tagesablauf möglich ist und es viel Platz für Begegnungen gibt.
So entstanden in drei Gebäudeteilen mit extensiver Dachbegrünung überwiegend ebenerdige Räume. Diese wurden so angeordnet, dass eine gute Belichtung ebenso gewährleistet ist wie geschützte Außenbereiche, in denen sich die Menschen geborgen und wohlfühlen können. Eingang und Mittelpunkt des Ensembles bildet die große helle Mensa, die auch als öffentlicher Versammlungsraum vom Stadtteil genutzt wird. Hingucker unter der Decke: die Akustikplatten, die im Wechselspiel mit den quadratischen Pendelleuchten eine tanzende Rhythmik bilden, die zudem Einblicke in die Deckenkonstruktion gewährt. In der Tagesförderstätte werden Sinneswahrnehmung und Motorik in besonderen Therapieräumen mit Licht- oder Wasseranwendungen oder im bunten Bällebad gefördert. Helle und beruhigende Farben von Möbeleinbauten und Bodenbelag sorgen hier für Behaglichkeit. In den Werkstätten wurden die offen und großzügig gestalteten Räume so geschaffen, dass Arbeitsplätze nach Bedarf gruppiert werden oder geschützte Einzelplätze für z. B. autistische Menschen entstehen können. In jedem dieser Räume gibt es eine Box, die zu Besprechungen, als Arbeitsplatz für Gruppenleiter oder auch für spezielle Arbeiten genutzt wird. Die Verwaltung mit Berufsbildungsbereich ist in der zweiten Ebene untergebracht.
Für Tätigkeiten, die überwiegend im Sitzen ausgeführt werden, war eine gute zugluftarme Temperierung der Räume notwendig. Hierzu wurden wasserführende Decken eingebaut, die nicht nur wirtschaftlicher und energiesparender als eine Klimaanlage oder andere Lüftungsanlagen sind, sondern auch eine viel gleichmäßigere und angenehmere Temperatur erzeugen. Das Haus soll ein Maximum an Eigenständigkeit der Menschen fördern. Damit sie sich weitestgehend ohne fremde Hilfe bewegen und orientieren können, wurde eine farblich durchdachte Informationsarchitektur mit großen Beschriftungen angebracht. Ein guter Standard der Barrierefreiheit entsprechend der Landesvorschriften konnte nicht zuletzt durch Fördermittel umgesetzt werden.
www.a-sh.de