Südländisches Flair
Kita-Neubau mit hochwertig gestalteter Fassade leuchtet seinen Besuchern freundlich entgegen
Wo ehemals der Hof eines gründerzeitlichen städtischen Blocks gewerblich genutzt wurde, befindet sich heute eine Kita. Deren reich gegliederte helle Backsteinfassade knüpft zugleich an die Industriekultur des Stadtteils an und strahlt südliche Wärme aus. Nachdem der Platz für den Gewerbetrieb zu eng geworden war, bewilligte die Stadt Frankfurt diesen Kita-Neubau, dessen Mehrzweckraum und Halle außerhalb der Betriebszeiten auch von Vereinen und Initiativen aus der Nachbarschaft genutzt werden können.
Um die heterogen geformte Parzelle auf dem polygonalen Baugrundstück bestmöglich zu nutzen, haben Pressel & Müller Architekten ein sternförmiges Gebäude geplant, durch das kleine intime Spielhöfe entstehen, die unmittelbar von den Gruppen- und Ruheräumen aus zu erreichen sind. Dabei leuchtet die Kita freundlich in der uneinheitlichen Umgebung, denn die Außenwände des in Massivbauweise errichteten Gebäudes wurden mit hellen Wasserstrichklinkern verblendet. Die mit einem Rautenmuster gefasste zweifarbige Fassade stellt dabei eine dezente Referenz sowohl an den Expressionismus der nahegelegenen ehemaligen Farbwerke Hoechst als auch an die ortstypische Trivialarchitektur dar. Der Eingangsbereich schafft einen schönen Übergang, indem er das Rautenrelief der Fassaden aufnimmt – nur mit umgekehrter Farbgebung. Im Gebäudeinneren empfängt die Ankommenden ein zentrales zweigeschossiges Foyer, das mit einem angrenzenden Saal räumlich verbunden werden kann und Platz für Nachbarschafts- und Stadtteilveranstaltungen bietet. Von hier aus führen Gassen in die lichtdurchfluteten Gebäudeflügel mit ihren Gruppen- und Funktionsräumen, die durch die großzügigen Fenster Ausblicke in das abwechslungsreiche Gelände gewähren. Die verwendeten langlebigen Materialien Lärchenholz, Sichtputz, Keramik, Bronzeblech und Linoleum nehmen sich zurück und bieten zugleich ein sinnliches Erfahrungsfeld für die Kinder.
Aufgrund der besonderen Innenhoflage entschieden sich Bauherrin und Architekten statt des Passivhaus-Standards den Neubau als EnEV – 30 Prozent umzusetzen. Auch die Lage im Gefährdungsbereich einer Gleisharfe des Industrieparks Höchst stellte besondere Anforderungen an die Gebäudehülle nach der SEVESO II-Richtlinie. Diese sieht im Notfall u. a. Gefahrenabwehr durch schnelle und sichere Abdichtung der Gebäudehülle zur Außenluft und Meldetechnik vor. Die Baustoffe der zweischaligen Gebäudehülle sind dennoch rein keramisch und können rückgebaut, als Baustoff wiederverwendet sowie vollständig in den Stoffkreislauf rückgeführt werden. Kein Wunder also, dass die Kita zu 20 Projekten zählt, die es auf die Shortlist des Staatspreises „Vorbildliche Bauten im Land Hessen 2023“ als auch des DAM-Preises 2023 geschafft haben.
Fotos:
Thomas Mies
www.thomasmies.de
(Erschienen in CUBE Frankfurt 02|23)