Neue Leichtigkeit
Eine denkmalgeschützte Scheune wird zum energieeffizienten Wohngebäude
Dass eine stark sanierungsbedürftige Scheune mit Stall und Gewölbekeller zu einem bequemen Wohnhaus für eine vierköpfige Familie samt einer zweiten Wohneinheit werden kann, zeigt ein Beispiel aus Reinhessen. Dabei wünschten sich die Bauherrn der Architektin Kerstin Hillebrand, dass die historische Bausubstanz genutzt und die ursprünglichen Qualitäten der Baukonstruktion wiederhergestellt werden. Auf dem Weg zum Wunschdomizil mussten nicht nur Instandsetzungsarbeiten ausgeführt werden, sondern der ursprünglichen Scheune auch neue Bestandteile wie Bodenebenen, Fassaden- und Trennwände, Decken und Treppen hinzugefügt werden. Moderne Architekturelemente, wie die 12 m lange und bis zu 4,5 m hohe Glasfassade und die großflächigen vollautomatischen Dachfenster verleihen der ehemaligen Scheune dabei eine neue Leichtigkeit. Auch musste der imposante, großvolumige und mit Natursteinen ummauerte sehr dunkle Innenraum mehr Licht bekommen. Die zugemauerten Scheunentore wurden daher geöffnet, zusätzliche Maueröffnungen geschaffen und eine Pfosten-Riegel-Glasfassade eingebaut, um die alte Mauerwerkskonstruktion bis hinauf in das Dachgebälk im Originalzustand sichtbar zu belassen und in den Innenraum einbeziehen zu können.
Viel Feingefühl war nötig, um einerseits die beeindruckende Raumwirkung der ehemaligen Scheune mit ihren großen Dimensionen, wie beispielsweise dem 22 m langen historischen Dachstuhl, auch nach der Umnutzung zum Wohnhaus erlebbar zu machen und andererseits einen modernen Wohnkomfort mit genügend Rückzugsmöglichkeiten für alle zu schaffen. Daher hat die Architektin an geeigneten Stellen Trennwände geplant, Dach- und Deckenkonstruktionen sichtbar gelassen sowie Ein- und Durchblicke geschaffen, die das ehemals große Raumvolumen noch erkennen lassen.
Beim Umbau wurde auf Konstruktionen und Materialien gesetzt, die mit dem Ziegelmauerwerk, Holz, Naturstein und Putzoberflächen der historischen Konstruktion eine neue harmonische Einheit bilden. Im Erdgeschosssockel kam Sichtestrich zum Einsatz und die neue Sichtbalkendecke wurde durch sorgfältige Ausarbeitung von Details so entwickelt, dass sie sich dezent in das historische Gebälk einfügt. Im Obergeschoss wurde Eichenholzparkett verlegt, das im Farbton gut zu den alten Balken passt und schön mit den weiß gestrichenen Leichtbauwänden kontrastiert.
Nicht ganz unwesentlich bei einem alten Gemäuer wie der Scheune: Die neue Haustechnik in Kombination mit passiver Energiegewinnung und Wärmedämmung ermöglicht die Nutzung als nachhaltiges, energieeffizientes Wohngebäude. Eine Holzpelletheizung mit zusätzlicher Wärmepumpe bringt umweltschonend Wärme über die massiven Böden ins Haus.
Fotos:
Martin Kraushaar
(Erschienen in CUBE Frankfurt 04|22)