Den Bienen abgeschaut
Das „Wabenhaus“ ist kaum fertig und schon eine Ikone
Als ideale Wohnform bauen Bienen ihr Wabenhaus und fügen Sechseck an Sechseck. Der Münchner Architekt Peter Haimerl hat diese Bauform aufgegriffen. Jahrelang reifte bei ihm bereits die Idee, ein „Wabenhaus” zu bauen. Er wollte der Eintönigkeit und Monotonie der ewig gleichen rechtwinkligen Schachtelhäuser eine Alternative entgegensetzen, in der es keine rechten Winkel gibt.
Die Münchner Wohnbaugenossenschaft Wogeno, die für ungewöhnliche Projekte bekannt ist, kam auf den Architekten zu, mit der Bitte, etwas Neues, nie Dagewesenes zu planen. Jetzt ist, das „Wabenhaus” fertig und steht auf einem Grundstück in der Messestadt Riem. Haimerl stapelte Hexagon auf Hexagon, jeweils vier ergeben eine vertikale „Säule“, an deren Zickzack-Enden seitlich die nächste Säule andockt. Vier Waben in der Höhe und fünf in der Breite, stehen sie aneinandergefügt und bilden ein – wenn auch ungewöhnliches und experimentelles – Wohnhaus. Die Erschließung erfolgt auf der Schmalseite. Von dort führt eine „Himmelsleiter“ in alle Stockwerke, mit ihren unterschiedlichen Ein- bis Vierzimmerwohnungen und noch größeren, zu Clustern zusammengefügten Waben. Auf einem Zwischenpodest auf jeder Etage gehen links und rechts Türen zu den Wohnungen ab. Es bedurfte einer virtuosen und intelligenten Planung, um aus den Waben zusammenhängende Wohnungen zu machen. Am Ende der ersten Treppe liegt eine Gemeinschaftsküche und ein gemeinsames Wohnzimmer. Zunächst drängt sich die Frage auf, wie es möglich ist, in den spitzwinkligen Räumen mit den vielen schrägen Wänden zu leben? „Die Hexagonalstruktur erlaubt intelligente, räumliche Verschachtelungen und ermöglicht unzählige Kombinationsmöglichkeiten von Raumeinheiten, wobei sogar mehr Platz generiert wird, da sich jede Menge Stauraum in den Schrägen verbirgt.“ Im „Wabenhaus” gibt es 22 Einheiten zwischen 22 und 106 m², darunter Maisonetten mit 1 bis 4 Zimmern. Die Waben haben eine Höhe von 2,65 Meter, sind 6 Meter breit und die Schräge der Wände beträgt 36,2 Grad. Da auch drei Wabenreihen in der Tiefe hintereinandergereiht möglich sind, gibt es auch durchgesteckte Wohnungen mit einem Balkon auf jeder Seite. Da hier keine normalen Möbel hineinpassen, haben Peter Haimerl und sein Team auch noch das Mobiliar für die Schrägen entwickelt. Einen einzigen Nachteil gibt es, räumt der Architekt ein: „Das Haus ist nicht barrierefrei.“ Daher fügte er ein kleineres konventionell gebautes dreigeschossiges Gartenhaus mit 15 Wohnungen hinzu.
Fotos:
Edward Beierle
www.edwardbeierle.de
(Erschienen in CUBE München 03|24)