Subtiles Fassadenspiel
Ein neues Büro- und Geschäftshaus am Joachim-Erwin-Platz ist transparent und plastisch zugleich
Die Magnetwirkung, die von den Großprojekten Kö-Bogen und Kö-Bogen II ausgeht, lässt nicht nach: Rund um das Areal von Schadowplatz und Schauspielhaus ändert sich das Gesicht der Landeshauptstadt immer weiter. Auch das aus den 1960er-Jahren stammende Bürogebäude, das über viele Jahrzehnte das traditionsreiche Schreibwarengeschäft Hennig beheimatet hatte, war wegen seiner unzureichenden Grundstücks-ausnutzung und der geringen Geschosshöhen nicht mehr zeitgemäß. Das Düsseldorfer Büro RKW Architektur+ hat im Auftrag der Rhenus Grundvermögen GmbH und Entwicklungs-KG für das exklusive Grundstück ein modernes Bürohaus mit Gewerbeflächen realisiert, das sich mit seiner prägnanten, sanft gekrümmten Fassade aus rauem Naturstein und transparentem Glas offen dem Joachim-Erwin-Platz zuwendet.
Der siebengeschossige Neubau sieht im Erd- und 1. Obergeschoss sowie im Untergeschoss eine mehrgeschossige Ladennutzung vor – darüber fügen sich fünf weitere Büroetagen und eine Dachterrasse mit urbanem Weitblick. Während es sich in der Traufhöhe und den Baufluchten an dem umliegenden Bestand orientiert, entwickelt das Gebäude in seiner Fassadengestaltung eine besondere Prägnanz. Nicht nur das Doppelgeschoss besticht durch die üppige Transparenz seiner über acht Meter Höhe ausgebildeten Glasfront. Entsprechend konnte auch im Inneren ein neun Meter hoher Luftraum entstehen, den das dänische Architekturbüro Schmidt Hammer Lassen für den chinesischen Elektroautohersteller nio konzipiert und realisiert hat. Aber auch die Fensterformate in den Bürogeschossen sind nicht im klassischen 1,35er-Raster ausgebildet, sondern setzen auf breite, raumhohe Verglasungen, die viel Tageslicht in die Büros lassen. Eingefasst sind die Scheiben in Laibungen aus ungewöhnlich großen Natursteinplatten, in denen die Glaselemente pro Geschoss um eine Handbreite immer weiter nach innen zurückspringen. Dabei ändern sich auch die Texturen des Steins aufsteigend: Sind die Platten aus Wachenzeller Dolomit in der Erdgeschosszone noch rau geschliffen, werden sie in den folgenden Etagen immer weiter gestockt – bis der Stein auf dem obersten Geschoss so grob gehauen ist, dass er wie aus dem Steinblock direkt herausgeschnitten erscheint. Dieses subtile Spiel in der Vertikalen verleiht der Fassade eine lebendige Plastizität, die dafür sorgt, dass sich der Neubau auch gegenüber dem dynamisch bewegten Kö-Bogen von Daniel Libeskind prägnant und elegant behauptet.
Fotos:
Faruk Pinjo
www.farukpinjo.com
(Erschienen in CUBE Düsseldorf 01|24)