Vom Kloster zur Klinik
Profanierung eines Gebäudes von Friedrich von Gärtner
Eine Bauaufgabe ganz besonderer und nicht alltäglicher Art wurde im Klinikviertel in der Nähe des Sendlinger Tors vollendet und ihrer neuen Bestimmung übergeben: Das St. Vinzenz Haus (ehemals „Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern“) wurde für klinische Nutzungen umgebaut. Es beherbergt nun Ambulanzen und Tageskliniken, Arzt-, Büro- und Therapieräume der LMU Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie und für Psychosomatik sowie Psychotherapie, des Instituts für Allgemeinmedizin. Das Gebäude, errichtet 1837–39 nach Plänen von Friedrich von Gärtner, steht unter Denkmalschutz. Daher wurde die Planung eng mit der Unteren Denkmalschutzbehörde und dem Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt. Das Gebäude hatte bis 2007 zehn Jahre lang leer gestanden. Hinzu kam die Überführung in eine komplett neue Nutzung, was die Planung und Umsetzung insgesamt umfangreich und nicht ganz unkompliziert machte. Die Planung der Sanierung und Modernisierung dauerte ca. von Herbst 2016 bis ins Frühjahr 2018; die Ausführung war Anfang des Jahres 2022 beendet. Die wichtigste und umfangreichste Maßnahme war zunächst die Geschossdecken zu ertüchtigen. Die bestehenden Holzbalkendecken waren von Hausschwamm und holzzerstörendem Pilz massiv angegriffen und mussten deshalb vom Erdgeschoss bis zum 3. Obergeschoss durch Stahlbetondecken ersetzt werden. Außerdem wurde die gesamte Haustechnik erneuert und ist nun in den Gewölbekellern und im Spitzdach der ehemaligen Klosterkirche untergebracht. Es gelang 18 historische Fenster aus Denkmalschutzgründen zu erhalten, während der Rest durch originalgetreue Nachbauten ersetzt wurde. Der ehemalige Kreuzgang, der innerhalb des Gebäudes um den Innenhof läuft, wurde durch Glaselemente unterteilt, sodass er brandschutzsaniert auch weiterhin als solcher erlebbar bleibt. Das Kirchenschiff dient nun als Veranstaltungsraum, benannt als „Friedrich von Gärtner-Saal“ nach dem Schöpfer des Gebäudes. Die Gesamtkosten der umfangreichen Baumaßnahme belaufen sich auf ca. 24 Millionen Euro. Dieses Projekt zeigt einmal mehr, dass es möglich ist, Gebäudebestand würdevoll zu erhalten und gleichzeitig für moderne Nutzungen zeitgemäß umzubauen. „Bauen im Bestand ist die nachhaltigste Form des Bauens, weil es die erhaltungswürdigen Elemente bewahrt und auf den Einsatz neuer Baustoffe, Ressourcen und Energien weitest möglich verzichtet sowie keine zusätzlichen Flächen versiegelt“, betont der Inhabers des Büros, Kai Otto, zu dieser Aufgabe.
Fotos:
Ines Jenewein /Hilton Ashta, Kai Otto Architekten
(Erschienen in CUBE München 03|23)