Bewegung & Geborgenheit
Architektur für Entfaltung: Eine Kita, die von innen nach außen gedacht wurde
Der Wunsch war klar definiert: Die dreizügige Kindertagesstätte sollte unter einem Dach entstehen, das alles zusammenhält – funktional, gestalterisch und atmosphärisch. Dabei wollte der städtische Bauherr selbstverständlich keine reine Zweckarchitektur realisiert sehen, sondern einen Ort für Kinder, der Bewegung, Geborgenheit und Freiheit vereint. „Indifferente Geometrien in romantisierter Unordnung“ lautete eine der ungewöhnlicheren Vorgaben – ein Anspruch, der viel Raum für Interpretation ließ und zugleich Haltung verlangte. Hinzu kam der Wunsch nach einem großzügigen Spielflur, der mehr sein sollte als eine reine Erschließungsfläche: ein offener Raum, der Begegnung, Spiel und kindliche Aneignung ermöglicht.
Die Friedberger Architekten Müller & Kölsch reagierten auf diese Anforderungen mit einem Konzept, das das Innen zum Ausgangspunkt der Form macht: Sie haben die Gruppenräume nicht einfach untergebracht, sondern so angeordnet, dass sie den Baukörper bilden. Sie drücken sich in Volumen und Dachlandschaft aus, werden nicht versteckt, sondern sichtbar gemacht. Diese Durchdringung von Funktion und Form prägt den Entwurf wesentlich. So ist der zentrale Spielflur mehr als eine Achse. Er stellt das lebendige Rückgrat der Kita dar. Lichtdurchflutet durch großzügige Dachfenster, wird er zur Bühne des Alltags, zur Spielstraße und damit zur Erweiterung der Gruppenräume. An diese funktional tragende Achse gliedern sich die Gruppen- sowie die Nebenräume wie beispielsweise Büro, Küche etc. an. Die geforderte eingeschossige Bauweise setzte den Planern Grenzen: So entstand die Idee der Schlafgalerien im Dach, die zudem das Satteldach geschickt nutzen. Ein zweigeschossiger Baukörper hätte den Architekten zwar mehr Spielraum gegeben – doch durch die Beschränkung wird das Dach zum Rückzugsort und zum Ort der Ruhe über dem lebendigen Geschehen. Zudem finden sich auf dem Satteldach die ebenfalls vom Auftraggeber gewünschten Photovoltaikanlagen. Da das Grundstück im Überschwemmungsgebiet eines Flusses liegt, entschieden sich die Architekten für eine Massivbauweise mit einer Fassade aus Holz. Diese transportiert die Werte, die hinter dem Projekt stehen: Naturverbundenheit, Wärme und Nachhaltigkeit. Dabei ist die Holzfassade keine bloße Hülle, sondern ein atmosphärischer Filter, der dem Bau eine freundliche Erscheinung verleiht.
Fotos:
Jörg Hempel
www.joerg-hempel.com
(Erschienen in CUBE Frankfurt 02|25)