Die Möglichmacher

Anspruchsvolle Bauprojekte im Bestand sind die DNA von Schwitzke Project

CUBE: Ihr Firmenname lautet Schwitzke Project, war das „Project“ schon immer Teil Ihrer Firmierung oder eine strategische Namensänderung?

Karl-Heinz Schwoll: Unsere Firma wurde vor 19 Jahren gegründet, zunächst unter dem Namen Construction Network. Unsere damalige Mutterfirma, Schwitzke & Partner, gründete Construction Network als Tochterfirma, um den Bereich des Ladenausbaus für sich zu erschließen. Wir wurden dann nach mehreren Jahren, als wir eine bestimmte Größe erreicht hatten, aus dem Dasein der Tochterfirma losgelöst und in die Schwitzke Gruppe mit eingegliedert. Dabei war das Ziel, zu verdeutlichen, dass der Bereich Retail und Ladenausbau zur Expertise der Schwitzke Gruppe gehört. Das Ziel der Gruppe war von Anfang an, dass jede der Firmen eigenständig auf dem Markt agieren und sich behaupten kann. Insofern war die Änderung des Namens sicherlich strategisch.

Sie konzentrieren sich auf das Bauen im Bestand. Wo liegt hier für Sie der besondere Reiz?

Jedes Projekt ist eine neue Herausforderung. Es gibt sicher Routinen, aber wenig Wiederholungen. Jeder Bestand ist anders und in jeder Gebäudesubstanz finden wir neue funktionale, gestalterische und technische Aufgaben. Wir kommen aus dem Retailbereich, wo hauptsächlich im Bestand gebaut wird. Das war unser Schwerpunkt und ist mittlerweile Teil unserer DNA als Unternehmen. Mit der Zeit haben wir unser Tätigkeitsfeld Projekt für Projekt erweitert und damit haben wir uns immer neuen Anforderungen gestellt. Wir konnten beobachten, wie wir mit jeder neuen Herausforderung gewachsen sind und dazugelernt haben. Wenn unsere Arbeit sich immer wiederholen würde, würden wir das als Stillstand sehen. Die Welt um uns herum ändert sich permanent und damit auch unsere Aufgaben.

Sie sind innerhalb eines kurzen Zeitraumes sehr schnell gewachsen und wachsen auch weiter. Was genau steht hinter dem stetigen Wachstum?

Ein Stück weit ist es die Neugier. Wir haben uns zunächst nur auf den Retailbereich konzentriert. Wir haben aber mit der Zeit gesehen, dass auf dem Gebiet nur ein begrenztes Wachstum möglich ist und wollten in unserer Entwicklung nicht stehen bleiben. Neben dem anfänglichen Fokus Retail haben wir unser Repertoire dann auch auf die Bereiche Office, Gebäuderevitalisierung, Gastronomie, Hotels und Fitnesscenter erweitert und es kommen stetig neue Bereiche dazu. Man muss also bereit sein zum Wachsen. Was uns natürlich heute in dieser schwierigen Zeit enorm hilft, da wir mit dem Unternehmen auf vielen verschiedenen Beinen stehen.

Der stationäre Handel ist in der aktuellen Situation sehr unter Druck. Was muss der zukunftsfähige Handel als stationäres Retailkonzept beinhalten, um der Online-Konkurrenz gewachsen zu sein?

Er muss Aufenthaltsqualität bieten. Der Kunde muss nicht nur aus der Notwendigkeit heraus den Laden betreten, sondern dort gerne verweilen wollen. Es braucht eine Durchmischung von Retail, Gastronomie und anderen Angeboten, was wir auch schon vereinzelt sehen können. Ein reiner Bedarfskauf hat heutzutage kaum noch Bedeutung und kann spätestens zu Zeiten von Corona komplett über das Internet getätigt werden. Man sieht es ja auch in den Shoppingcentern, wo Fitnessstudios einziehen oder der Anteil an Gastronomie zunimmt. Der Mix an Funktionen und Angeboten, die mehr sind als nur Einkaufen, die ich kombinieren kann und wo ich meinen Aufenthalt genießen kann, ist wichtig.

Zurück zu baulichen Fragen, warum sind Sie DGNB Mitglied?

Als Menschen und als Firma haben wir eine Verpflichtung, uns mit Nachhaltigkeit auseinander zu setzen und unseren Beitrag zu leisten. Auch die Wünsche unserer Kunden drehen sich immer mehr um nachhaltiges Bauen. Als Mitglied bringen wir uns aktiv mit unserer Expertise ein. Wir sind so immer wieder gefordert, nachhaltiger und zukunftsorientierter zu denken. So lernen wir immer dazu. Wir wollten DGNB-Zertifizierungen begleiten, mehr über die verwendeten Materialien, deren Herkunft und Einfluss lernen. Wir versuchen das DGNB-zertifizierte Bauen in Planungsgesprächen mit Kunden immer wieder ins Gespräch zu bringen.

Sie nennen sich selbst Möglichmacher. Das wird in vielen Projekten erforderlich sein. Gab es Projekte, die Sie an Ihre Grenzen gebracht haben?

Man denkt oft, man wäre an seine Grenzen angelangt. Das Entscheidende ist ja dann, diese Grenzen zu überschreiten und weiter zu machen, sich nicht davon aufhalten zu lassen. Wir sind oft mit Herausforderungen konfrontiert, die neu und ungewohnt sind. Dabei können wir meistens auf unsere langjährige Erfahrung zurückgreifen, aber manchmal nicht – an diesen Aufgaben wachsen wir besonders. Wenn es um Größe geht, haben wir in Darmstadt einen Gebäudekomplex modernisiert mit 25.000 m² Fläche. Das Gebäude stammte aus den 1960er-Jahren und hielt einige technische Anforderungen für uns bereit. Wenn man ein neues Gebäude baut, kann man all diese Herausforderungen umgehen, aber wenn man im Bestand baut, warten an jeder Ecke neue Komplikationen.

Diese Projekte werden von Ihren Mitarbeitern gestemmt. Was genau zeichnet Ihre Mitarbeiter aus?

Die wichtigen Erfahrungen sammelt man im Laufe seines Berufslebens und das Knowhow kann man sich aneignen. Es ist ein Stück weit die innere Haltung, die wir alle brauchen. Es muss sich jeder wie ein Möglichmacher fühlen und Lust daran haben, die Firmen-DNA auch selbst zu leben. Immer nach neuen Herausforderungen zu suchen und auch unkonventionelle Lösungen zu finden, nicht am Problem hängen zu bleiben, sondern aktiv nach Lösungen zu suchen. Immer nach vorne gerichtet an die Themen ran zu gehen. Wir erwarten von unseren Mitarbeitern, diese Einstellung mitzubringen. Das können wir auch niemandem beibringen, das muss von vornherein da sein.

Sie haben sich als Firma schon weit entwickelt, aber der Wunsch, sich weiter zu verbessern ist immer noch da. Gibt es bereits neue Bereiche, die Sie für Ihre Zukunft ins Auge gefasst haben?

Wir kommen aus dem Retail. Für Retailprojekte gibt es einen enormen Zeitdruck, was uns nachhaltig geprägt hat. Mit dieser Einstellung sind wir auch in andere Segmente gestartet. Es waren immer große neue Aufgaben, aber wir konnten jeden Bereich erfolgreich neu für uns erschließen. Spannende neue Themen wären für uns der Wohnungsbau und der Gesundheitsbau. Das Übertragen von Herangehensweisen von einem in den anderen Bereich ist ja baulich und planerisch was ganz anderes. Was das Gesundheitswesen betrifft, gibt es einige spezielle Anforderungen, die es umzusetzen gilt. Aber dieses neue Feld für uns zu erschließen, trauen wir uns auf jeden Fall zu.

Herr Schwoll, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Karl-Heinz Schwoll

Karl-Heinz Schwoll studierte nach seiner Tischlerlehre Innenarchitektur an der FH Düsseldorf. Es schlossen sich diverse Auslandsaufenthalte an. Zunächst konzentrierte er sich auf Retail Design und entwarf für den Einzelhandel. 1994 wechselte er als Abteilungsleiter zu Schwitzke & Partner und setzte in den folgenden Jahren vor allem Store-Konzepte für die Mode-, Finanz- und Touristikbranche um.

2006 übernahm Karl-Heinz Schwoll neben Wolfgang Sigg die Geschäftsführung der Schwitzke Project GmbH. Gemeinsam bauten sie die Firma zu einem Unternehmen aus, das national und international komplexe Bauvorhaben im Bestand realisiert, und erweiterten den Tätigkeitsschwerpunkt systematisch um Projekte aus den Bereichen Shoppingcenter, Gebäuderevitalisierung, Büro, Fitnesscenter, Gastronomie und Hotel.

Fotos:

Nick Wolff
Urs Kusche
Oliver Tjaden

(Erschienen in CUBE Düsseldorf 02|21)

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