Dynamisches Ensemble
Der „Neue Kanzlerplatz“ komplettiert den Bonner Hochhausring
In direkter Nachbarschaft zum ehemaligen Bundesviertel und zur Bonner Museumsmeile ist ein neues Gebäudeensemble mit markantem Hochpunkt entstanden. Das Architekturbüro JSWD aus Köln, das 2015 als Gewinner aus dem städtebaulichen Qualifizierungsverfahren hervorging, hat im Auftrag der Art-Invest Real Estate ein neues Büroquartier mit hoher städtebaulicher Qualität realisiert, das sich dem benachbarten Bundeskanzlerplatz mit einem künstlich gestalteten Platz zuwendet.
Das neue Gebäudeensemble ersetzt das marode „Bonn Center“, das mit seinen 18 Etagen fast 50 Jahre das Stadtbild prägte, aber auch Sicht- und Bewegungsachsen blockierte. Durch die Neubebauung wird erstmalig ein fließender Übergang zur südlich angrenzenden Wohnbebauung geschaffen. Drei Baukörper mit unregelmäßigem Grundriss fügen sich in die Ecken des dreieckigen Grundstücks ein und schaffen so einen zentralen Platzraum. Die repräsentativen Foyers der neuen Bürohäuser und ein öffentliches Restaurant orientieren sich mit ihren dazugehörigen Vorfahrten ebenfalls zu diesem gestalteten Freiraum. Der dänische Künstler Jeppe Hein verwirklichte hier das begehbare Kunstwerk „Mirror Pavilion“. Aus einem der Häuser wächst der 28-geschossige, etwas mehr als 100 Meter messende Hochpunkt. Dieser schlanke Turm verankert das Projekt deutlich im Stadtgefüge: Neben dem „Langen Eugen“ (Egon Eiermann) und dem „Post Tower“ (Helmut Jahn) wird er zur neuen, die Silhouette des Bundesstadt prägenden Landmarke. Neben den verschiedenen Büromietern bietet das Unternehmen Design Offices ein breites Raumangebot für Events, Konferenzen und Coworking Spaces. Beim gesamten Ensemble fällt die einheitlich gestaltete Fassade ins Auge, die aus weiß eingefärbtem, gesäuertem und zweifach hydrophobiertem Architekturbeton gefertigt wurde.
Um ein einheitliches, monolithisches Erscheinungsbild der drei Häuser unabhängig von Konstruktionsart und Herstellungszeitpunkt zu erreichen, musste ein besonderes Augenmerk auf die Betonrezepturen gelegt werden. Die Geometrien der Fassadenstruktur erzeugen dabei ein dynamisches Erscheinungsbild, das sich je nach Lichteinfall und Blickwinkel des Betrachtenden ändert. Bei den beiden niedrigeren Häusern ist das Fassadenraster tragend ausgebildet. Entsprechend konnten die Bürogeschosse frei von Stützen oder Stützenvorsprüngen im Inneren bleiben. Um die Vertikalität des Baukörpers zu betonen, wurden beim Hochhaus die Fassadenfelder über zwei, im Sockelbereich sogar über drei Etagen gespannt. Dafür wurde das konventionelle, tragende Stahlbetonskelett mit Vorsatzschalen aus glasfaserverstärktem Beton verkleidet. Diese Fassadenidee setzt sich bis in die Foyers der Gebäude fort, wo die dreieckigen Fassadenelemente Decke und Rückwand bekleiden. Im dreigeschossigen Foyer des Hochhauses erreichen sie dabei Längen von bis zu elf Metern. Aber nicht nur durch seine homogene ästhetische Erscheinung punktet das neue Ensemble: Das Projekt wurde auch mit dem Nachhaltigkeitslabel LEED in Gold vorzertifiziert.
Fotos:
HG Esch
www.hgesch.de
(Erschienen in CUBE Köln 03|24)