Perspektive Wohnen
Zwei Nutzungsphasen erleichtern Unterbringung und Integration von Geflüchteten
Hamburg ist gesetzlich und verfassungsrechtlich verpflichtet, für die Unterbringung Geflüchteter zu sorgen, dafür rechtzeitig und in ausreichendem Umfang die benötigten Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Aktuell leben gut 55.500 Geflüchtete in unserer Stadt, davon 1.200 in der Zentralen Erstankunft, 27.750 in öffentlicher Unterbringung sowie 26.550 in Folgeunterkünften. All diese Formen der Unterbringung haben jeweils spezifische rechtliche Vorgaben – nicht nur wer wo wie lange wohnen darf, sondern auch bezüglich Ausstattungsstandard, maximale m²-Zahl pro Bewohner, Belegungsdichte pro Wohnung u. ä. Bei der Verteilung der Unterbringungen in möglichst allen Stadtteilen sowie der Größe neuer Einrichtungen hat sich die Stadt weiter an den Vorgaben der 2016 geschlossenen Bürgerverträge orientiert.
Die hier gezeigte Wohnanlage mit Kita wurde vom Architekturbüro Prasch Buken Partner realisiert und ist eine sogenannte UPW, eine Unterkunft mit der Perspektive Wohnen. Ende 2018 gab es insgesamt neun Standorte mit 4.700 Plätzen dieser Folgeunterkünfte, die im Standard des sozialen Wohnungsbaus errichtet und später in normale Sozialwohnungen für alle anspruchsberechtigten Hamburger umgewandelt werden. Die Erschließung der 124 Wohneinheiten erfolgt von der Flughafenstraße über den Raakmoorgraben. Als Reminiszenz an Helmut und Loki Schmidt wurden die Brückenköpfe der feuerverzinkten Brücke mit ihren Namen gelasert. Zwei viergeschossige, winkelförmige Gebäude bilden um einen Innenhof eine zentrale Platzsituation. Durch den dichten Baumbestand entlang der Grundstücksgrenzen und der Höhe der Gebäude fügt sich der Wohnkomplex harmonisch in den vorhandenen städtischen Kontext ein. Der zentrale Platz zwischen den beiden Wohnwinkeln schafft einen Ort mit hoher Aufenthaltsqualität, der durch Bepflanzung und Möblierung kleinteilig gegliedert und somit vielfältig nutzbar ist. Die Gebäude sind als 3- und 4-Spänner mit überwiegend Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen organisiert. Unter den Gebäuden befinden sich Mieterkeller und zwei große Fahrradabstellräume.
Die Gestaltung folgt einem klassischen Hamburger Thema: Die außen liegenden Fassaden sind rot verklinkert, die zum zentralen Platz orientierten Fassaden hell verputzt. Graue Putzflächen zwischen den Fenstern ziehen die überwiegend bodentiefen, vertikalen Fenster zu Bändern zusammen und rhythmisieren so die Flächen. Das Erdgeschoss ist als grauer Sockel vom aufgehenden Baukörper abgesetzt. Die straßenseitigen Wohnungen verfügen über zurückspringende Loggien, die zum Innenhof orientierten Wohnungen über vorgehängte Balkone. Die in einem eingeschossigen Annex untergebrachte Stadtteilkita „Flugbegleiter“ betreut 75 Kinder und hat einen eigenen, vom zentralen Platz abgeschirmten Freibereich, ihre Eigenständigkeit wird durch die Materialität und Farbigkeit der Fassade betont.
Fotos:
Carsten Brügmann
www.carstenbruegmann.de