Kirchen als Vierte Orte – Perspektiven des Wandels
Ausstellung zur Transformation leerstehender Kirchen
Neue Nutzungen für leerstehende Kirchen – das zeigt die Ausstellung „Kirchen als Vierte Orte – Perspektiven des Wandels“, die das Museum der Baukultur NRW am Sonntag, 9. November 2025, in der Berger Kirche in Düsseldorf eröffnet hat. Die Ausstellung ist dort bis zum 13. Dezember zu sehen und präsentiert, wie diese Kirchen in Nordrhein-Westfalen ein Familienzentrum, ein Dojo oder sogar ein Fahrradgeschäft werden können. Welche Aufgaben ergeben sich daraus für Architektinnen und Architekten? Welche Rolle spielen Kirchengebäude für die Stadtentwicklung und wie lässt sich ein Dialog zwischen Trägern, Kommunen und Initiativen über die Transformation gestalten? Viele Kirchengebäude sind aktuell von Leerstand und Abriss bedroht. Zugleich stellen sie ein einzigartiges baukulturelles Erbe und wichtige Orte der Gemeinschaft dar, verbunden mit vielen Emotionen und Erinnerungen. Dies spiegelt sich in den langwierigen und konfliktbehafteten Umnutzungsprozessen von Kirchengebäuden wider. Deren Ausgang wird vor allem von dem persönlichen Engagement der beteiligten Personen bestimmt. Das Museum der Baukultur NRW rückt von 9.11. bis 13.12.2025 in der Ausstellung „Kirchen als Vierte Orte – Perspektiven des Wandels“ Menschen in den Mittelpunkt, die sich aus unterschiedlichen Gründen heraus mit Kirchentransformationen beschäftigen. Präsentiert wird die Ausstellung in der Berger Kirche in Düsseldorf. Die Eröffnung findet statt am Sonntag, 9.11.2025, um 18 Uhr.
Unsere Gesellschaft benötigt mehr denn je Orte für sozialen Austausch und gesellschaftliche Identifikation. Kirchengebäude bieten sich dafür besonders an – stiften sie doch durch ihre Architektur Identität im Stadtraum, ermöglichen Menschen Raum für Austausch, Spiritualität sowie Einkehr und besitzen einzigartige Atmosphären sowie emotionale Qualität. Damit erzeugen Kirchen etwas Neues, einen „Vierten Ort“, der über die Funktion als Treffpunkt für die Gemeinschaft (die sogenannten Dritten Orte) hinausgeht.In der Ausstellung illustriert das Museum der Baukultur NRW in Form von Video-Interviews die Bandbreite, die Vielfältigkeit und Komplexität der an den Umnutzungsprozessen beteiligten Personen sowie ihre Haltungen. Wie geht ein Architekt den Umbau an, was denkt ein Gemeindemitglied bei der letzten Messe, wie begleitet eine Pfarrerin die Umnutzung, wo setzt ein Immobilienentwickler an? Dabei geht es auch um Dialog, Zusammenarbeit und Kompromissfindung.
Ein weiterer Schwerpunkt der Ausstellung sind bereits umgenutzte Kirchen aus Nordrhein-Westfalen: Vorgestellt werden insgesamt 27 Projekte mittels Fotos und Texten, zum Beispiel die Kirche Christus-König in Düsseldorf (Familienzentrum), die Dreifaltigkeitskirche Köln (Aikido-Dojo), die Friedenskirche in Bochum (Stadtteilzentrum), St. Rochus in Jülich (Fahrradgeschäft) oder die Kreuzeskirche in Essen (Mischnutzung für Gottesdienste und Veranstaltungen). Durch diese wird die inhaltliche und architektonische Bandbreite von Transformationen sichtbar. Zudem liefert die Ausstellung Informationen, unter anderem zum Denkmalschutz, zur Rolle der Kommunen oder zum Kirchenrecht. „Kirchen als Vierte Orte“ gibt einen Impuls und eröffnet Dialoge über die Zukunft nicht mehr liturgisch genutzter Räume. Begleitende Diskussionen bringen dazu die lokalen Gemeinden, Anwohner*innen, Vereine und andere Gruppen in Kontakt und regen den Austausch an.
Der Ausstellungsort, die Berger Kirche, ist ein wichtiges Düsseldorfer Baudenkmal. Die kleine Saalkirche wurde im Jahr 1687 als erste lutherische Kirche der Stadt geweiht. Etwas versteckt gelegen, ist sie nur über den Hof der Berger Straße 18 zu erreichen. Ihre Lage weist darauf hin, dass Lutheraner im rekatholisierten Düsseldorf damals lediglich geduldet wurden. 1943 wurde die Berger Kirche im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört, in den 1960er Jahren wieder aufgebaut und 1966 neu geweiht. Die heutige Innenausstattung hat der Künstler Tobias Rehberger geschaffen: geometrisch gemusterte, farbig abgestufte Wandbehänge für die Seitenwände und einen weißen Acrylglas-Altar. Auf dem Außengelände der Kirche errichtete das Psychosoziale Zentrum Düsseldorf 2011 einen Trauerort für Flüchtlinge und Zuwanderer, die keinen Zugang zu den Gräbern ihrer Angehörigen haben. Jeden Dienstag findet außerdem eine Pop-Up-Seelsorge statt. Heute wird die Kirche nicht mehr gottesdienstlich genutzt, dafür ab und zu für kulturelle Veranstaltungen und Begegnungen. Mit ihrer schlichten Architektur und zentralen Lage verbindet die Berger Kirche Geschichte, Spiritualität und ein offenes Angebot für die Stadtgesellschaft. Die weitere Nutzung der Kirche ist derzeit offen.
Das Museum der Baukultur NRW präsentiert die Ausstellung vor dem Hintergrund, dass ein massiver Wandel die Kirchen und ihre Gemeinden erfasst hat: Zwischen 30 und 50 Prozent der Kirchengebäude in Deutschland werden in den kommenden Jahrzehnten leer stehen. Von den ungefähr 6.000 Kirchen in Nordrhein-Westfalen fallen also bis zu 3.000 aus der Nutzung. Sind diesem Trend die kirchlichen Institutionen bis vor wenigen Jahren nicht oder kaum begegnet, erhöht sich aktuell der Handlungsdruck zum Umgang mit dem Bestand deutlich.
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