Boltshauser Architects – Radikale Materialität

Ausstellung im Architektursalon


In der installativen „Ausstellung Boltshauser Architects – Radikale Materialität“ im Architektursalon zeigt sich der vielfältige und innovative Einsatz von Lehm in ihrer Architektur, von der Aufbereitung des Materials über die künstlerische und forschende Annäherung bis hin zum fertigen Bauwerk. Heute loten sie das Potential des Lehms in hybrider, dafür breiterer Verwendung in Kombination mit anderen Baustoffen aus und treiben damit seine Skalierbarkeit voran. Im Labor der Professur von Roger Boltshauser an der ETH Zürich werden empirische Erfahrungen aus der Praxis wissenschaftlich unterlegt, Forschungsergebnisse fließen zurück in die Entwicklung von Prototypen in der Praxis. Diese Rückkopplung aus Lehre, direktem Ausprobieren, begleitender wissenschaftlicher Analyse und der Bereitschaft, das neu erworbene Wissen wieder in Umlauf zu bringen, sind entscheidend dafür, Lehm als zeitgemäßen Baustoff zu etablieren, der neben seinen ökologischen Vorteilen auch heutige Anforderungen an Sicherheit und Langlebigkeit erfüllt.

Das Material dabei im Labor, im Mock-Up, in der Werkstatt, im Stampfen von Elementen oder auf der Baustelle immer wieder auf die Probe zu stellen, ist Teil der Arbeitsweise von Boltshauser Architekten. Dieses komplexe Wechselspiel zwischen Konstruktionswissen aus Erfahrung, dem Erforschen einer eigenständigen Architektursprache und im Umkehrschluss gestalterischen Fragen, die wiederum an die Wissenschaft herangetragen werden, prägen ihre Architektur, die Balance zwischen Research und Baupraxis ist dem zeitgenössisch-archaischen, unverwechselbaren Ausdruck der Bauten immanent. Im Zentrum steht dabei immer die Frage, wie aus all dem Architektur entsteht, die dauerhaft ist. Denn für Boltshauser Architekten ist Dauerhaftigkeit der wichtigste Nachhaltigkeitsfaktor – Schönheit, Atmosphäre, das sinnliche Erleben und die tiefe Wertschätzung der Nutzer*innen sind ihre Garanten.

Zwei Lehmwände – nicht nur als Exponate gebaut, sondern zugleich Testwände eines realen Bauprojekts – unterteilen den Ausstellungsraum in drei Bereiche, in denen prozesshaft und installativ der vielfältige Umgang mit dem Grundstoff Lehm gezeigt wird. Keine klassische Architekturausstellung, sondern ein Konglomerat ganz unterschiedlicher Aspekte der Auseinandersetzung mit dem Material. Im ersten Raum ist die Aufbereitung des Lehms als Rauminstallation zu sehen. Der Rohstoff in seiner Textur, die typische Siebkurve, die notwendig richtige Mischung des Materials werden sinnlich direkt erfahrbar. Das Material stammt aus der Umgebung Hamburgs, verweist auf seine historische Omnipräsenz im Klinker der gegenüberliegenden Speicherstadt und zeigt sich in seiner ungebrannten, CO₂-neutralen Verwendung als direkte Alternative. Im Zentrum der Ausstellung steht der Tisch der Kuriositäten. Auf ihm sind Werkzeuge, Modellversuche, Recherchen, Druckwürfel, Belastungsproben in wilder Anordnung zu sehen. Viele kleine Schritte, die ineinandergreifen auf dem Weg zu einem zeitgemäßen Einsatz des Materials mit seinen Besonderheiten, seiner Rauheit und haptischen Qualität. Darauf folgen Modelle von Wettbewerbsprojekten und fertigen Bauten, die für sich bereits in ihrer handwerklichen Qualität bestechen. In Mappen wird eine Vielzahl von Projekten des Büros detailliert vorgestellt, vom reinen Lehmhaus bis hin zum Hochhaus mit hybrider Konstruktion.

Dazu werden Skizzen, Bilder und Originalfotografien verschiedener Künstler kombiniert. Roger Boltshausers eigene Skizzen, freie und architektonische Arbeiten, setzen sich mit Vorhandenem auseinander, stehen in Bezug zu zwei Überarbeitungen von Pflanzenbildern von Arnulf Rainer und zu zwei Häutungen (Latex) von Heidi Bucher. Fotografien von Sandro Livio Straube begleiten den Bauprozess künstlerisch, Philip Heckhausens fotografische Dokumentation traditioneller Lehmbauten aus Frankreich, Spanien und Marokko ergänzen den Rechercheblick. Sechs originale Vintageprints von Daniel Schwartz’ legendärer Fotoserie über die Großen Mauern Chinas verweisen auf Erosion und Vergänglichkeit und schließen den Kreislauf des Materials ab.

Vernissage am 13. November 2025 um 19 Uhr mit Grußwort von Franz-Josef Höing, Oberbaudirektor der Freien und Hansestadt Hamburg und Rundgang durch die Ausstellung geführt von Roger Boltshauser

Finissage 15. Januar 2026, 19 Uhr mit Vortrag von Roger Boltshauser und weiteren Gästen

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