55 INTERVIEW Objekt hat. Am Ende ist ein Umbau im Bestand weitaus nachhaltiger als ein Neubau. Insbesondere gilt dies für graue Emissionen, weil die vorhandene Bausubstanz genutzt und weiterentwickelt wird. Natürlich kann es bei Sanierungen zu Überraschungen kommen – besonders, wenn man zu Beginn keine umfassende Bestandsaufnahme macht. Insofern ist es wichtig, da einen starken und erfahrenen Partner an der Seite zu haben. Ideal ist es, wenn alle Beteiligten gemeinsam zu Beginn eines Projekts Ziele festlegen. Anschließend kann das Objekt entsprechend untersucht werden, um mögliche Überraschungen zu minimieren oder sogar auszuschließen. Sie erwähnten Nachhaltigkeit, die bei Sanierung ein großer Pluspunkt ist, gerade in der CO2-intensiven Baubranche. Wie sieht die Nachhaltigkeit bezüglich der Materialwahl aus? Können Sie schon einen Trend feststellen? Werden häufiger kreislauffähige Produkte eingesetzt oder ist das tatsächlich noch ein bisschen Zukunftsmusik? Ich denke, da geht immer mehr. Wir befinden uns in der Branche noch ein bisschen imDornröschenschlaf. Dabei haben wir mit den größten Hebel. Zum Beispiel hat apoprojekt ein Leistungsverzeichnis für den Einsatz nachhaltiger Produkte im Ausbau und der Revitalisierung entwickelt. Das wird zunehmend angenommen, aber noch nicht genug. Tatsächlich gibt es für viele Produkte kein nachhaltiges Pendant. Da müssen wir noch einen Schritt gehen, damit am Ende das zirkuläre Bauen im Fokus steht und man Materialien wirklich wiederverwenden kann. Wo sehen Sie da die treibenden Kräfte? Ist es die Nachfrage der Kund:innen, die da gefordert ist oder ist es die Baubranche selbst, die einen Fokus darauf legen sollte? Aus meiner Sicht spielen da viele Faktoren eine Rolle. Für Kund:innen muss es sich in erster Linie lohnen, nachhaltig zu bauen. Am Ende ist das immer eine Kostenfrage. Wir bieten verschiedene Varianten und Konzepte an, um Kund:innen davon zu überzeugen. Natürlich gibt es viele Unternehmen, die die Verwendung nachhaltiger Produkt- und Baumaterialien in ihrer Strategie fest verankert haben. Genau das sollte unser neuer Standard werden. Als Basis dafür muss die Industrie mit allen Beteiligten zusammenarbeiten. Das heißt, es sind eigentlich alle gefragt, sich zusammen daran zu machen, nachhaltigeres Wirtschaften zu ermöglichen und danach zu fragen. Apropos Nachfrage, wie ist diese derzeit generell beim Mieterausbau, durch die neuen Regelungen zu Homeoffice? Das Büro lebt! Es bleibt ein wichtiger Raum für kreative und produktive Zusammenarbeit sowie für eine einzigartige Unternehmenskultur. Das gilt in Zeiten von „Remote Work“ mehr denn je. Das stellen wir sowohl bei Kund:innen fest, die an uns herantreten, aber auch in Diskussionen mit unseren Projektpartnern. Die gute Nachricht ist: Das Büro transformiert sich vielmehr. Hören Sie das gesamte Interview, das hier als Auszug abgedruckt ist, als Podcast. Hierfür den QR-Code scannen. CUBE: Wie schätzen Sie die aktuelle Lage in Ihrer Branche, generell und speziell für den Hamburger Markt, ein? Stefanie Möhring: Grundsätzlich sind wir in der Branche mit großen Herausforderungen konfrontiert. Das sieht man an der ESG-Thematik sowie der Regulatorik, die daraus hervorgeht. Andererseits werden Großvermietungen seltener – auch in Hamburg. Es wird kleinteiliger und darauf müssen wir entsprechend reagieren. Zu Ihren Projekten gehören vor allem Immobilien mit Büroflächen. Wohin wird die Entwicklung gehen? Wie sieht der Markt aus? Ich bin der Meinung, dass der Bestand und der Bereich Revitalisierung immer mehr in den Fokus rücken. Dieser Trend ist deutlich spürbar und natürlich unsere absolute Stärke. In der Bestandstransformation ist apoprojekt seit Jahren unterwegs. Ich vermute, dass es sich künftig kaum noch lohnen wird, imNeubaubereich zu agieren. Es geht vielmehr darum, Bestandsgebäude zu revitalisieren und neuen Nutzungen zuzuführen. Zusätzlich sind viele Eigentümer damit konfrontiert, ihre Gebäude ESGkonform und mit einem entsprechenden Dekarbonisierungspfad in die Zukunft zu führen. Vor dieser Herausforderung stehen viele Beteiligte. Dabei ist es nicht so, dass es große Vorbehalte gegen Sanierungen oder Energiebilanzen gibt. Bei diesen Vorhaben tauchen allerdings häufig Überraschungen auf, die ein Projekt gleich wesentlich teurer machen können. Wie gehen Sie mit solchen Schwarzmalereien, vielleicht auch Vorurteilen gegenüber Sanierungen um?Wie argumentieren Sie da gegenüber Ihren Kund:innen? Grundsätzlich bin ich persönlich eine absolute Verfechterin der Bestandsimmobilie. Ich sehe immer das Potenzial und die Historie, die ein solches Stefanie Möhring Stefanie Möhring leitet als Architektin seit August 2021 die Hamburger Niederlassung von apoprojekt. Das Unternehmen zählt zu den am schnellsten wachsenden in der Bau- und Immobilienbranche. Sie verantwortet neben der Akquise und Pflege von Kundenbeziehungen auch den kontinuierlichen Ausbau des Produktportfolios. Bereits davor lag der Fokus ihrer beruflichen Laufbahn bei Mieterausbauten und Revitalisierungsprojekten im Bestand. „FÜR KUND:INNEN MUSS ES SICH LOHNEN“ Der Bestand und der Bereich Revitalisierung von Bürogebäuden rücken immer mehr in den Fokus
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