Das Ur-Haus

Ein archaisch anmutendes Ziegelhaus in Marienwerder

Vergangenes und Verborgenes transformiert der Berliner Architekt Tillmann Wagner im sogenannten Sediment-Loft Marienwerder. Es entstand ein „Ur-Haus“ aus recycelten Ziegelsteinen im Reichsformat. Geborgen haben sie die Bauherren aus der Ruine der alten Remise des Großvaters als Baumaterial und Erinnerung. Die in unterschiedlichen Farbtönen schimmernden Ziegel wurden in verschiedenen Mauerwerksverbänden und -schichtungen neu vermauert. Die Profilierung der steinernen Außenhaut des Einraumhauses übersetzt so die sedimentartige Baugrundschichtung des Ortes in die Architektur des Ferienlofts. Auf 41 m² hat Tillmann Wagner ein Haus entworfen, das durch die plastische Modulation der Außenwand die wesentlichen Orte des Hauses generiert und artikuliert: Nach Süden ist sie unter das Satteldach zu einer Eingangsloggia eingezogen, mit Zedernholz beschlagene Schiebe- und Stahl-Glastore öffnen das Eichendielendeck des großen Einraums; nach Osten ausgerichtet ist ein Seitenrisalit, nach Norden kragt die zentrale, gemauerte Sitzbank als Erker aus. Die beiden Schlafalkoven zeichnen sich durch Versatze in Ost- und Westwand ab. Alle aus feuerverzinkten Walzstahlprofilen gefertigten Fenster liegen hinter Lochmauerwerk verborgen, das Ausblick und Lichteinfall filtert. Auch im Innern ist das Sichtmauerwerk aus recycelten Klinkern für den Einraum bestimmend. Ein großes Möbel aus weiß geöltem Birkensperrholz bildet Gästealkoven, Küchennische und Kinderempore unter dem Dachzelt aus. Durch runde Oberlichter in der Dachfläche wandern Sonnenkreise über den Tag durch den Loftraum. Das Regenwasser der Dachflächen wird in einem Betonwasserbecken aufgefangen zur Bewässerung des Gartens. Ein Holzofen dient zum Kochen und schützt bei Bedarf vor Kälte. In gewisser Weise entschleunigt so die Archaik des Ferienlofts den Städter für das Leben auf dem Lande. Die Arbeit von Tillmann Wagner tritt im besten Sinne aus der Zeit, indem sie das Alltägliche mit dem Grundsätzlichen in Berührung bringt und architektonisch materialisiert. Er sucht das Wesen hinter den Dingen und kommt wie bei seinem Sediment-Loft schließlich beim Kreislauf der Dinge und der Natur, am Ursprung an. Auch die Jury des Fritz-Höger-Preises, der für besondere Ziegelbauten vergeben wird, erkannte, dass es sich hier um ein besonderes architektonisches Kleinod handelt und würdigte das „Ur-Haus“ 2020 mit der Auszeichnung „Winner Special Mention“.

www.tillmannwagner.de

Fotos:

Twarc

(Erschienen in CUBE Berlin 04|22)

Robert_Beyer_Architekten_Haus_M_1-C-KR_web-29_19_700pixel

Neuer alter Charakter

Robert Beyer erhielt den Auftrag, das typische 1930er-Jahre Wohnhaus von Grund auf zu sanieren und dabei dessen ursprünglichen Charakter wieder…

Hinterhofidylle

Aus einem verwahrlosten Hinterhof wird ein neuer grüner Lebensraum