CUBE Stuttgart · 04|20

82 Wir machen das, was für uns richtig ist, was für uns stimmig ist, was authentisch ist – und wir haben das Glück, dass das, was wir tun, auch gefragt ist. Ich glaube, es ist ganz einfach: Wenn man sich überlegt, mit einer Firmenphilosophie Freude weiterzugeben und das ernsthaft betätigt, dann kommt die Freude auch an. Das ist der Grundsatz unserer Firma. Der Feuerring findet zunehmend nationale sowie internationale Liebha- berinnen und Liebhaber und macht seinenWeg um dieWelt. Wachstum geht einher mit steigenden Managementaufgaben, Verantwortung und auch negativem Stress. Wie geht ihr damit um? Wachstum ist gar nicht unser größtes Ziel. Lange Zeit gab es bei uns eine jährliche Verdoppelung und ich bin ganz froh, dass es nicht mehr so ist. Wir wollen nicht die große Masse bewegen, sondern ein exklusives Produkt mit skulpturalem Charakter leben. Wie wir mit dieser Stresssi- tuation umgehen, das ist schon spannend. Während der coronabedingten Grenzschließung war die Stressituation aber gerade umgekehrt. Wir hatten das Glück – und dafür sind wir sehr dankbar – dass wir keine Einbrüche hatten, sondern ganz im Gegenteil aufgrund von mehr Aufträgen einer großen Herausforderung gegenüberstanden. Da unser Büro aber schon vorab so gut strukturiert war, konnten wir diese sehr gut bewältigen. Ihr macht auch große Ausstellungen, z. B. Designer Saturday. Das sind sehr umfangreiche Installationen, die kreiert, geplant und umgesetzt werden müssen. Macht dir auch dies Freude? Und wie! Ich habe großen Spaß daran, endlich wieder als Bildhauer ge- CUBE: Lieber Andreas, du bist gelernter Stahlplastiker und Designer. Wie kamst du auf dein erfolgreiches Produkt, den Feuerring – aus Kreativität und Kunst? Andreas Reichlin: Ja, ich bin durch und durch Künstler. Ich bin gelernter Holzbildhauer und erst danach autodidaktisch zum Stahl gekommen und habe so den Feuerring entwickelt. Dass dieser zu einem erfolgrei- chen Produkt geworden ist, liegt sicherlich erstens an der künstlerischen Grundlage des Feuerrings, denn er ist eine Skulptur und kein Grill. Aber ein ganz wesentlicher Punkt ist, dass ich Beate kennengelernt habe und sie die Grundlagen des Kaufmännischen, der Firmenstruktur zusammen- gebracht hat. So hat sie den Feuerring in die Welt getragen, wo man ihn heute auch sieht. Als Künstler kannst du alleine von einer guten Idee nicht leben, man muss damit auch nach draußen gehen. Das Kaufmännische liegt mir überhaupt nicht, obwohl ich von meinem Vater das unterneh- merische und wirtschaftliche Denken vorgelebt bekommen habe. Da ist mit Beate eine wunderschöne Synergie geschaffen worden. Gab es für dich einen Schlüsselmoment, bei dem du plötzlich wusstest: „Das läuft! Das kommt an!“? Das war schon der erste Feuerring. Mich hat in der Kunst noch nie inte- ressiert, ob etwas ankommt oder nicht. Wir haben uns auch nicht nach einem Markt gerichtet. Das ist spannend, weil wir in der Zwischenzeit einen ganz neuen Markt auf die Beine gestellt haben. All die Grillringe, die auf dem Markt sind, die Feuerringkopien – da ist wirklich ein kom- plett neuer Markt entstanden. Beate und ich ziehen am gleichen Strick. Andreas Reichlin 1968 geboren in Zug, Schweiz 1984–1990 Lehre als Holzbildhauer sowie Gesellenjahre bei Josef Schibig, Steinen 1985–1989 Weiterbildung an der Schule für Gestaltung, Luzern 1990–1992 Bildhauerschule in Mülheim 1992 Académie Carpentier de la Grande Chaumière, Paris 1993 Erstes Atelier in Küssnacht am Rigi 1997 Neues Atelier in Immensee 2009 Patentierung der Form Feuerring und Firmengründung Feuerring GmbH mit Beate Hoyer. Aktuell bietet Feuerring 15 verschiedene Modelle des Feuerrings an, u. a. Feuerring Tulip, der mit dem red dot und dem German Design Award ausgezeichnet wurde. Auch der Serie Feuerring, dem Rezeptebuchset „Feuer & Ring“ und der Unternehmensmar- ke wurden Auszeichnungen verliehen. © Daniela Kienzler INTERVIEW EINE SKULPTUR UND KEIN GRILL Künstler und Firmeninhaber Andreas Reichlin über Ideenfindung, gutes Design und Reduktion

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