80 ARCHITEKTUR NEWS AKTUELLES AUS MÜNCHEN OLYMPIA IM MUSEUM Die Austragung der Olympischen Sommerspiele 1972 sowie die Errichtung der Anlagen der olympischen Sportstätten des Olympischen Dorfs und des Olympiaparks zählen zu den wichtigsten Ereignissen sowohl der Geschichte Münchens wie auch der Bundesrepublik. Die aktuelle Ausstellung des Architekturmuseums der TU veranschaulicht den Aufstieg Münchens zur Olympiastadt, erläutert die Planungen und die städtebaulichen Auswirkungen der Spiele auf die Stadtentwicklung. Seit Anfang der 1960er-Jahre befand sich München in einem rapiden Stadtumbau: Der Mittlere Ring sowie U- und S-Bahnen entstanden. Die Vergabe der Spiele 1966 an München hatte einen weiteren Schub der Bautätigkeiten zur Folge. Die heiteren Spiele sollten das „andere Deutschland“, imGegensatz zur vorherigen Olympiade auf deutschem Boden 1936 in Berlin, sein. Und das waren sie auch, bis am 5. September das Attentat, die Geiselnahme und die Flucht mit 17 Todesopfern die heitere Stimmung verdunkelten. In der Sammlung des Architekturmuseums befindet sich nahezu die gesamte Olympiaplanung der Architekten Günther Behnisch und seinemTeam. Man begreift, was für eine ingenieurtechnische Meisterleistung das Dach damals war, das zusammen mit Frei Otto entwickelt wurde. Das Formen einer Parklandschaft auf und aus dem Schutt der kriegszerstörten Stadt, in das die Sportstätten eingebettet waren. Zahlreiche Interviews mit Zeitgenossen oder Archivfilme von damals erläutern das Großereignis. Die Ausstellung „Olympiastadt München“ ist bis zum 8. Januar 2023 zu sehen. www.pinakothek-der-moderne.de E WIE EINFACH Die Nachfrage nach günstigem Wohnraum steigt. Wie kann man günstiger bauen bei ständig steigenden Baukosten und unverhältnismäßig hohen Bauauflagen, die speziell in Deutschland überbordend sind? Es gibt mehr als 3.000 Normen, die man beachten muss und die dringend einer „Diät“ bedürfen, erläutert Lydia Haack, die Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer. Sie sind ein Hindernis für innovative Bauplanung. Ein Experiment wurde beschlossen: Das Bekannteste unter den verschiedenen Aktionen ist das von Florian Nagler in Bad Aibling. Er errichtete drei baugleiche Häuser aus unterschiedlichenMaterialien – Holz, Beton und Ziegel. Dort werden Werte gemessen, um herauszufinden, wie Bauen einfacher, günstiger und dennoch nachhaltig und klimafreundlich gestaltet werden kann. Der Titel der Initiative lautet „E“ wie „einfach“ oder „Experiment“. Sie beinhaltet, die Normen verlassen zu können, z. B. das Verzichten auf hohe Schallschutzmaßnahmen – diese seien Geldverschwendung und bedeuten eine höhere CO₂-Emission. Auch die Bayerische Ingenieurkammer sah ein großes Portfolio an Einsparmöglichkeiten, z. B. dass Leitungen nicht zwingend unter Putz verlegt werden müssen. Letztendlich geht es um die Vernachlässigung der für die Bausicherheit nicht zwingend notwendigen Auflagen. So soll über kurz oder lang ein Gebäudetyp E entwickelt werden, der mit diesen abgespeckten Bauvorschriften auskommt. Florian Nagler, Professor an der TUM, unterstützt mit seinem Projekt die Bemühungen vorbehaltlos, da „der Vorschlag des Gebäudetyps E den gordischen Knoten durchschlägt und völlig neue Perspektiven und Möglichkeiten eröffnet.“ www.byak.de SCHICKERIA Als München noch sexy war, heute würde man eher cool sagen, konnte für kurze Zeit vielleicht nur London mithalten – so hip war die Stadt. Dieser Zeit um 1968 widmet sich eine neue Serie mit dem Titel „Schickeria – Als München noch sexy war“. Das trifft es aber nicht ganz. Die sogenannte Schickeria ist die geldige, neureiche und versnobte Folgevariante, die Kommerzialisierung einer Jugendbewegung, die mit den Studentenkrawallen einherging, mit Hippies, mit Rock’n’Roll, mit Gästen wie den Beatles, den Rolling Stones, Freddy Mercury, der lange Jahre in der Stadt an der Isar verbrachte. Mit Clubs, die international bekannt waren, wie Big Apple, Crash und nicht zu vergessen Domicil, in dem Weltstars des Jazz auftraten. All das lässt die Serie wieder aufleben und alle, die dabei waren, kommen zu Wort: Iris Berben führt durch die (Doku-)Serie, Uschi Glas, Thomas Gottschalk, der Klatschkolumnist Graeter und viele andere erzählen von damals. Die Stadt war ein reiner Hexenkessel – und dann noch die Olympiade obendrein, die die Stadt zusätzlich in ein gleißendes Licht tauchte. Auch so viel Innovationsfreude im architektonischen Sektor gab es zuvor und danach nicht wieder. Allen voran die weltbekannten Olympiabauten, die hier schon mehrfach zur Sprache kamen, aber auch Gebäude, die man dem Brutalismus zuordnen kann, wie das Schwabylon von Justus Dahinden aus dem Jahr 1973, das 160 Millionen DM verschlang. Oder das EinkaufszentrumCitta 2000 der Brüder Anusch und Temur Samy, eröffnet 1969 mit 40 Boutiquen auf 800m², zudemmehrere Cafés, Bars, Pubs, 22 Minishops, darunter auch eine Sex-Boutique und sogar ein Erotikkino. Damit war die „Schickeria“ geboren. Die Serie zeigt: Offensichtlich versinkt München derzeit in Nostalgie. www.amazon.de/video Münchner Nostalgie Energiebewusst bauen Ausstellung © Sebastian Schels © Justus Dahinden | gemeinfrei Der Olympiapark während der Olympischen Spiele München 1972, © saai I Archiv für Architektur und Ingenieurbau, KIT, Werkarchiv Behnisch & Partner Foto: Behnisch & Partner, Christian Kandzia
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