31 versucht, den Holzanteil im gesamten Ensemble so hoch wie möglich anzusetzen. Also haben wir möglichst viel Holz in Decken, Wänden und Stützen eingeplant, um den CO₂-Fußabdruck der neuen Gebäudeteile zu verbessern und alle Vorteile des Materials auszuschöpfen. Es entsteht hier ein Mix aus Wohnen und Arbeiten. Gab es in der Planung dafür unterschiedliche Herangehensweisen? Ja, im Office-Teil an der Rupprechtstraße haben wir durch einen Hybridbau und eine komplette Holzfassade einen maximalen Anteil an Holz einplanen können. Die extrem hohen Anforderungen an den Schall- und Brandschutz in denWohngebäuden ist allerdings nur realisierbar, indem wir einen Materialmix aus Beton, Stahl und Holz verwenden. Deshalb besteht dort die Fassade komplett aus Holz, die strukturell tragende Grundlage aber bildet ein Betonskelett. Müssen Sie ein solches Projekt architektonisch anders denken als beim konventionellen Bauen mit Mauerwerk oder Stahlbeton? Ein Holzhybridbau im innerstädtischen, dicht bebauten Gefüge muss in der Gesamtbetrachtung schon um einiges genauer gedacht und geplant werden als ein herkömmlicher Massivbau aus Stahlbeton. Gerade in der Kombination von Holz mit Stahl und Beton brauchen wir deutlich mehr fachliche Kompetenz und Erfahrung aller Planungsbeteiligten sowie eine bestmögliche Koordination zwischen allen am Bauen beteiligten Fachleuten. Ein besonderes Augenmerk ist, im Wohnungsbau auf das Thema Schallschutz zu legen. Denn heutzutage müssen Entwickler und Architekten Wohnungen planen, in denen die Bewohner ihre Nachbarn möglichst nicht mehr hören. ImMassivbau würde man einfach eine mehrere Zentimeter dicke Betonwand gießen. Im Holzbau muss jedoch viel genauer gedacht und überprüft werden, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Durch diese komplexe Planung ergeben sich aber auch umgekehrt neue Gestaltungsmöglichkeiten, wie sie in den Ornamenten und anderen sichtbaren Konstruktions- und Füllelementen der Holzfassaden von Vinzent zum Tragen kommen. Wenn Sie in die Zukunft schauen: Wie wird sich der Holzbau im städtischen Kontext in den kommenden Jahren weiterentwickeln? 2021 hat uns die große Nachfrage nach Holzwerkstoffen deutlich gezeigt, dass das Material Holz als Rohstoff nur begrenzt zur Verfügung steht. Denn es braucht Zeit, Pflege und Raum für Nutzwälder, um wachsen zu können. Selbst schnell wachsende Hölzer können erst nach mehreren Jahren gefällt und für das Bauen weiterverarbeitet werden. In den Städten und auf dem Land werden aktuell immer mehr Gebäude mit Holz gebaut – die benötigten Mengen nehmen also deutlich zu. Deshalb müssen wir angemessene und kluge Wege finden, wie wir diese kostbare und natürliche Ressource verantwortungsvoll nutzen und einsetzen können. Gibt es noch weitere Trends im Holzbau? In den vergangenen Jahren war der Holzmassivbau stark imAufwärtstrend. Dabei wird mit kompaktem und mächtigem Brettstapelholz gebaut. Allerdings müssen wir diese sehr gut bewährte Bauweise künftig sorgsamer betrachten und zielorientierter einsetzen, weil durch die massiven Bauteile große Mengen an Holz benötigt und verbraucht werden. Deshalb sollten wir uns verstärkt demHolzständerbau und seinen besonderenMöglichkeiten widmen. Hier zeichnet die Entwicklung der vergangenen Jahre ebenfalls einen enormen Innovationsschub in der Baubranche auf, vor allem bei den Hybridbauten. Daher gehe ich davon aus, dass der Hybridbau aus Holz in Kombination mit anderenMaterialien wie Mauerwerk, Lehm oder Ultraleichtbeton eine große Zukunft im europäischen Städtebau haben wird. Herr Prof. Wappner, wir danken Ihnen für das Gespräch. © Bauwerk © Bauwerk INTERVIEW
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