30 Prof. Ludwig Wappner Prof. Ludwig Wappner ist seit 1993 Partner bei allmannwappner Architekten und zudem seit 2010 Professor für Baukonstruktion und Entwerfen am Karlsruher Institut für Technologie KIT sowie Gastprofessor an nationalen und internationalen Universitäten, u. a. der Hochschule für Technik in Stuttgart und der „Central Academy of fine Arts“ CAFA in Peking. Ludwig Wappner ist Mitglied mehrerer Stadtgestaltungsbeiräte, aktuell in der Stadt Mannheim, der Stadt Bamberg und der Stadt Pforzheim sowie der Beratergruppe der Messestadt München-Riem. Vorträge und Publikationen von Fachbeiträgen sowie Gastkritiken und Workshops im nationalen und internationalen Rahmen sind zudem Teil seines Tätigkeitsbereichs. Weiteren gab es umfassende Forschung zumHolzbau in den vergangenen Jahren – gerade in Regionen wie Vorarlberg, Graubünden oder Südtirol, aber auch im Schwarzwald und dem Allgäu. Wir verfügen damit heute über ein sehr großes Wissen über das Material, das gepaart ist mit den überlieferten jahrhundertealten handwerklichen Erfahrungen. Welche Rolle spielt die Digitalisierung beim Bauen mit Holz? Eine sehr große: Die CNC-Technologie und andere technische Revolutionen waren hier ein echter Quantensprung. Durch technisch basierten Maschineneinsatz kann Holz heute bis auf denMillimeter genau bearbeitet und vorproduziert werden. Das Vertrauen in das Material ist enorm gewachsen. Zudem hat Holz auch viele weitere Vorteile, die die Menschen schätzen: Es riecht gut, sieht vertraut aus und fühlt sich angenehm an. Derzeit entsteht in München mit demProjekt Vinzent das erste Holzhybridensemble für Wohnen und Office im Innenstadtgefüge. Ihr Büro allmannwappner zeichnet für das architektonische Konzept verantwortlich. Wie kam es dazu, hier auf Holz zu setzen? Gemeinsammit dem Projektentwickler Bauwerk wollten wir ein zukunftsfähiges Gebäude errichten, das den aktuellen gesellschaftlichen und klimapolitischen Diskussionen gerecht wird. So kamen wir schnell zum Bauen mit Holz. Das allerdings unterliegt in Deutschland gerade im städtischen Zusammenhang vielen komplexen Bauvorschriften und Normen. Deshalb konnten wir Holz nicht als alleinigen Baustoff einsetzen. Wir haben aber im Rahmen einer technischen und wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung CUBE: Herr Wappner, der Baustoff Holz gehört zu den ältesten in Mitteleuropa, heutzutage allerdings sind Holzgebäude im urbanen Kontext rar. Warum? Prof. Ludwig Wappner: Vor allem in den Städten hat Holz im Zuge der Industrialisierung ab Mitte des 19. Jahrhunderts als Baustoff industriell gefertigte Konkurrenz erhalten. Maschinell hergestellte Baustoffe wie Ziegel oder Beton konnten günstiger, schneller und in großenMengen produziert werden. Außerdem waren viele unserer Städte früher komplett aus Holz gebaut und sind teilweise in ihrer Geschichte mehrere Male abgebrannt. Holz war daher in den Köpfen der Menschen als Gefahrenquelle verankert. ImGegensatz dazu konnten im Industriezeitalter mit brandresistenteren Baustoffen bessere Sicherheitsnachweise und damit auch mehr Vertrauen bei den Menschen erzeugt werden. Aktuell findet rund um den Holzbau ein regelrechter Boom statt. Wie erklären Sie sich das? Der Holzbau-Boomwurde eindeutig ausgelöst durch das wachsende ökologische Bewusstsein in der Gesellschaft. Holz als Baustoff ist so attraktiv, weil wir mit einem nachwachsenden, ressourcenschonenden und kreislaufgerechten Rohstoff arbeiten. Mit Holz können wir CO₂ in Gebäuden speichern und setzen damit der energetisch aufwendigen Produktion anderer Baustoffe und deren Einsatz ein nachhaltiges und umweltschonendes Statement entgegen. Die CO₂-Bilanz von Holz ist im Vergleich zu anderen Baustoffen unschlagbar gut. Aber Holz ist nicht unendlich verfügbar, sodass wir klug mit den Ressourcen umgehen müssen. Des © Bauwerk © Myrzik und Jarisch INTERVIEW DIE HOLZ-RENAISSANCE Wie der alte Baustoff wieder zu Ehren kommt, zeigt das Holzhybridprojekt Vinzent
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