CUBE Düsseldorf · 02|21

32 griffsmissverständnis! Aber wenn Sie diese Uniformität im Einfamilien- hausbau der letzten 20 Jahre mit den weißen Pappschachteln meinen, ist diese natürlich schon bedenklich. Sie zieht sich ja geografisch durch alle Ecken und Winkel Deutschlands. Und dabei kommt es gar nicht einmal auf das Budget an. Wir haben auch schon kleine, bescheidene Einfamili- enhäuser gebaut, aber die wirken dann trotzdem individuell, zum Beispiel auch durch eine andersfarbige Putzfassade. Das Grundproblem ist, dass die Bauherren oft Angst vor dem Architekten haben wegen angeblicher Kostensteigerungen. Stattdessen gehen sie dann lieber zum Fertighaus- hersteller, der ihnen zum Fixpreis die Wahl zwischen vier verschiedenen Typen lässt – auch wenn es das dann auch schon oft war hinsichtlich der Einflussmöglichkeiten! Viele unterschätzen dabei die kreative Gabe des Architekten, für jedes Budget einen individuellenWohnwert zu schaffen. Dass in Ihren Bauten, Farbigkeit und Materialität so eine wichtige Rolle spielen, ist das auch dem Einfluss Ihres Studiums in der Schweiz geschuldet? Nach dem Studium an der TU Braunschweig und der THDarmstadt habe ich zwei Jahre an der ETH Zürich verbracht. Dort habe ich in den 1980er- Jahren an dem Experimentallehrstuhl studiert, der durch den Berliner Architekten Hans Kollhoff besetzt war. In der Auseinandersetzung mit dem damals imArchitekturdiskurs vieldiskutierten Dekonstruktivismus ging es vor allem um das Thema Raum. Dabei hat sicher auch die Mate- rialgerechtigkeit eine Rolle gespielt – also die Auffassung der klassischen Moderne, dass das Material seine ursprüngliche Tragkraft und Ausstrah- CUBE: Wenn sich durch Ihre Entwürfe ein Leitmotiv zieht, dann ist es die plastische Komposition von kubischen Volumen. Darf man Sie einen „Verfechter des rechten Winkels“ nennen? Georg Döring: Ja, das bin ich. Denn wie man so schön sagt, hat der rechte Winkel auch fast immer recht! Vor allem, weil Möbel ja auch immer rechtwinklig gebaut sind, ist das flexibelste Wohnen nur in rechtwinkligen Räumen möglich. Diese vielen schrägen oder auch amöbenhafte Formen sehen oft spektakulär aus, aber sie lassen sich einfach nur schwer bewoh- nen, weil sie doch überwiegend aus Resträumen bestehen. Trotzdem gibt es natürlich auch Grundstücke, bei denen es wegen des Zuschnittes oder des Kontextes Sinn macht, auf polyederartige Baukörper zurückzugreifen. Nur so als eine kosmetische Anwendung wird die Architektur allerdings zum beliebigen Aperçu. Wie kreativ können Sie da mit Bebauungsplänen umgehen, die ein klassisches Satteldach vorschreiben? (lacht) Definitiv nehmen wir auch Aufträge mit Satteldach an – gerade haben wir drei in der Planung. Ein Satteldach kann man wunderbar modern interpretieren und man hat bei der Gestaltung durchaus eine Bandbreite unterschiedlicher Entscheidungsoptionen. Bei aller Liebe zum rechten Winkel erscheinen Ihre Gebäude aber keineswegs wie der Inbegriff eines weißen Bauhausstils, wie er so oft für deutsche Einfamilienhaussiedlungen geklont wird. Einen Bauhausstil hat es ja eigentlich nie gegeben, das ist leider ein Be- Georg Döring 1962 geboren in Düsseldorf; Architekturstudium an der TU Braun- schweig, THDarmstadt und ETH Zürich; 1992 Architekturdiplom 1992–93 Angestellter Architekt bei Murphy/Jahn in Chicago; 1993–95 Tätigkeit im Architekturbüro von Wolfgang Döring und danach bei HPP; 1995–99 Juniorpartner imArchitekturbüro Kiemle Kreidt in Düsseldorf; 1999 Gründung des eigenen Büros Georg Döring Architekten. 2012 Berufung in den BDA Düsseldorf; 2015 Ernennung zum stell- vertretenden Vorsitzenden des BDA Düsseldorf; seit 2017 Vorsit- zender des BDA Düsseldorf. Georg Döring startete sein Büro in Bilk zunächst mit Mehrfamili- enhausprojekten. Seit zehn Jahren ist er als Architekt auch verstärkt im Bereich des Einfamilienhauses tätig. www.doering-architekten.de © Anna Meyer-Kahlen INTERVIEW INDIVIDUELL UND DETAILREICH Fotos: Michael Reisch Ein Gespräch mit dem Düsseldorfer Architekten Georg Döring über Einfamilienhäuser, Lehrer und Väter

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