CUBE Berlin · 04|21

35 damals Student an der Fachhochschule, Herrn Professor Gutdeutsch, Volker Roscher vom BDA Hamburg, aber auch Dank Wolfgang Nietz, einer der drei Partner von NPS Nietz – Prasch – Sigl Architekten, habe ich Hamburg und auch das Architekturbüro kennenlernen können, in dem ich dann später angefangen habe zu arbeiten. Hamburg und Sankt Petersburg verbindet eine Städtepartnerschaft. Ich fand Hamburg faszinierend und die Architekturszene sehr interessant. In Sankt Petersburg war es zu den Zeiten der Perestroika kaum möglich, sich als junger Architekt weiter zu entwickeln. Deswegen habe ich mich entschlossen, nach Hamburg überzusiedeln und 1992 dann bei NPS angefangen. Eine Entscheidung, über die ich heute noch sehr glücklich bin. Schon drei Jahre später wurden Sie Partner bei NPS, zusammen mit Ekkehard Voss. Seit 2015 leiten Sie beide das Gesamtunternehmen, das seit 2017 unter Tchoban Voss Architekten firmiert. Sie leiten die Berliner Dependance des Büros, sind seit 2006 Partner imMoskauer Büro Speech, das auch die gleichnamige Architekturzeitschrift heraus- gibt. Sie haben mit beiden Büros zahllose Bauten in Deutschland und Russland realisiert. 2009 gründeten Sie die Tchoban Foundation, die sich ganz der Architekturzeichnung widmet – mit Ihren eigenenWerken und Ihrer Sammlung als Grundstock. Aus ihr ging 2013 das von Ihnen entworfene Museum für Architekturzeichnungen in Berlin hervor. Darüber hinaus haben Sie Lehraufträge, sind in Gestaltungsbeiräten und Jurys tätig, engagieren sich in der Förderung junger russischer Architekten, kuratieren Ausstellungen. Allein diese Aufzählung macht atemlos, wann schlafen Sie eigentlich? Im Büro NPS habe ich die Partner Wolfgang Nietz, Alf Prasch und Peter Sigl als wichtige Kollegen, Freunde und Förderer kennengelernt. Es war eine besonders intensive und prägende Zeit für mich. In guter Erinnerung ist die Zusammenarbeit im Team an sehr interessanten Projekten in Hamburg, Dresden, Berlin, Leipzig, Görlitz und anderen Städten. Ekkehard Voss traf ich amAbend seiner Ankunft in Hamburg das erste Mal. Wir haben uns gleich angefreundet. Die Hilfe und Unterstützung dieser Menschen haben mich beruflich weitergebracht. Ich freue mich sehr, dass mir meine Arbeit nach wie vor großen Spaß macht, dass ich das Zeichnen als meine Sprache in vielen Bereichen einsetzen kann. Ich verstehe den Beruf des Architekten als ganzheitliche Aufgabe. Dieses Verständnis entfaltet sich in all den von Ihnen genannten Bereichen. Das ist mir einfach wichtig. Sie leben und arbeiten in Deutschland und Russland. Erleben Sie diese zwei Welten als Gegensatz oder als Ergänzung? Gibt es grundlegende Unterschiede in der Arbeit als Architekt in diesen beiden Ländern? Gibt es eine jeweils spezifische Architektur oder woraus leiten Sie den Entwurf ab? Für mich sind vor allem die Städte wichtig, in denen ich entwerfe. Jede Stadt ist ein lebendiger Organismus, den ich als ganzheitliches ästhetisches und ökologisches System verstehen, erleben und spüren möchte. Es ist kein Zufall, dass ich viel für Berlin, Sankt Petersburg und Moskau entwerfe. Ich denke – oder besser – ich hoffe, die Seelen dieser Städte spüren und verste- hen zu können. Das will ich jedenfalls. Ich möchte beobachten können, wie die Gebäude, an denen ich gearbeitet habe, altern – und verstehen, wie sie altern. Ich möchte daraus und auch aus den eventuell sichtbar gewordenen Fehlern lernen. Es ist immer ein Prozess. Eines jedenfalls ist überall ähnlich: Bauherrinnen und Bauherren, die Politik, aber auch die Bürgerinnen und Bürger müssen von der architektonischen Haltung und Idee sowie deren Beständigkeit überzeugt werden. Herr Tchoban, wir danken Ihnen für das Gespräch. Das Interview führte Bettina Schön. © TCHOBAN VOSS Architekten © Ilya Ivanov © Roland Halbe TechnoCampus Berlin, Fertigstellung Dezember 2021 Bürogebäude Ferrum 1, Sankt Petersburg 2021 Hotel- und Bürogebäude am Stralauer Platz, Berlin 2021 INTERVIEW

RkJQdWJsaXNoZXIy NDcxMjk=