CUBE Berlin · 03|21

28 gut. Wirklich erschreckend fand ich auch, dass man die Dinge nicht angeht, dass man sich verführen lässt. Dass auch politische Situationen offensichtlich zur Verführung neigen, Dinge zu beschwören oder sich zu verschwören. Wie ich aus Ihrer Baubiografie weiß, stehen Sie in einemSpannungsfeld von ländlichen Häusern in der Uckermark und einem wahnsinnigen Luxusgebäude wie jüngst in München. Das ist natürlich ein Spagat, der schwer auszuhalten ist, stelle ich mir vor. Ja, es ist tatsächlich ein ziemlicher Spagat. Ich habe diesbezüglich auch eine ganz bewegte Biografie, also die unterschiedlichsten Einflüsse: Ich habe mal ein Jahr in England studiert und bei Norman Foster gearbeitet, bis ich ein Stipendium bekommen habe. Dann war ich bei Peter Cook, der eine ganz andere Art zu denken und einen ganz anderen Anspruch hatte. Ich wollte immer nur Städtebau machen und wissen, wie das eigentlich funktioniert und wie man Städte bilden kann. Aber er wollte, dass ich schöne Zeichnungen mache. Dann war da noch Cedric Price – er war mein totaler Held – und er sagte dann: Du wirst hier keine Antworten finden, hier geht es umObsession, aber es geht nicht um die Fragen, die du stellst. Dann bin ich an die UdK nach Berlin gegangen, zu Adolf Krischanitz und Alfred Grazioli, sie waren wirklich ganz tolle Lehrer für mich. Ich habe erst imNachgang verstanden, was Peter Cook eigentlich wollte, wo er mich hintreiben wollte – und im Rückblick war das ganz wichtig. Das war noch Archigram – eine ganz tolle Zeit. CUBE: Eine wichtige Frage zu Beginn: Wie sollte man künftig bauen? Thomas Kröger: Das ist eine politische Herausforderung, denn wie will man künftig leben? Es ist sehr viel darüber geschrieben worden, was das Zusammenleben ausmacht, wie sich Gemeinschaften bilden, wie man Integration schafft und wie man damit umgeht, dass die Gesellschaft immer älter wird und dass man immer mehr zu Hause arbeiten wird. Es ist auch eine Herausforderung an die Architekten, auf dem Schirm zu haben, dass es nicht nur ökologische Gründe gibt, sondern natürlich auch soziale, die mitgedacht werden wollen. Meiner Meinung nach ist ein wesentlicher Teil dabei, wie öffentlicher und auch privater Raum verteilt wird. Es gibt einen Ausverkauf unserer Städte. Auch in Berlin werden sehr viele – nicht wie in den USA – aber doch so eine Art Gated-Community-Viertel entwickelt. Auf dem Prenzlau- er Berg gibt es einige Viertel, wo man abends das Tor abschließt, es sauber und schön ist und keine Drogenprobleme gibt. Aber die gibt es eben auch und die Leute müssen ja auch irgendwo hin. Ich denke, es ist wichtig, dass wir öffentlichen Raum für alle anbieten – sowohl für die Wohlhabenden als auch für die Teile der Bevölkerung, die man nicht so gerne sieht. Diese entsetzliche Corona-Plage, die wir jetzt vielleicht hinter uns haben, hat uns ja möglicherweise geschult, wieder etwas sozialer zu denken… Da bin ich mir nicht so sicher. Ich fand es eigentlich ziemlich krass, dass die Gesellschaft in Teilen so offen ist für querdenkerisches Gedanken- Thomas Kröger 1987–90 Technische Universität Braunschschweig 1992–93 Bartlett School of Architecture, London 1994–96 Universität der Künste, Berlin, Diplom 1996 2001 Bürogründung in Berlin Zusammenarbeit mit Bauherren im In- und Ausland, Projekte: Privathäuser, Kunstgalerien, Büro-, Wohn- und Museumsbau Mitglied im BDA 2011 bis 2013 Gastprofessor School of Architecture, Northeastern University of Boston 2014 Gastprofessor Hochschule für Technik, Stuttgart Seit 2019 Professor für Baukunst Kunstakademie Düsseldorf Preise und Auszeichnungen (Auswahl): 2013 1. Preis Schwarzes Haus; Baukulturpreis Brandenburg 2014 1. Preis Werkhaus/Wüstenrot Stiftung 2016 Haus des Jahres 2016 – Auszeichnung Tenne 2018 Haus des Jahres 2018 – 1. Preis Am Deich © T. Heimann INTERVIEW VON NULL AUF HUNDERT Die Zeit der Stararchitekten ist vorbei – aber Thomas Kröger hätte das Zeug dazu

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