Von wegen anonym
Ein Wohnhochhaus lädt seine Bewohner zu nachbarschaftlichen Treffen und zum Verändern ein
Der Citygate Tower, geplant und gebaut vom Wiener Büro querkraft Architekten, ist mit seinen 100 m unübersehbar und doch könnte man leicht etwas übersehen. Das besondere skulpturale Erscheinungsbild und dieser eine schmale bunte Ausschnitt der Stockwerke bleiben einem direkt als Bild im Gedächtnis. Aber aus welchem Material bestehen nochmal die vertikalen Brüstungsbänder? „Das ist tatsächlich ein Standardgartenzaun aus Aluminiumelementen, einem kostengünstigen Material, das in Serie produziert wird und dem Turm ein hochwertiges Erscheinungsbild gibt“, erzählt das Architekten-Team von querkraft. Gestalterisch hat dieses sich für zwei Maßnahmen entschieden: Die Länge der Elemente und die Abstände zueinander wurden variiert. Das bedeutet, die Elemente in den vorspringenden Bereichen wurden weiter hochgezogen und die Abstände verringert, um für die Bewohner mehr Geborgenheit zu schaffen; in den geraden Bereichen wurde der Abstand hingegen vergrößert, um möglichst viel Ausblick zu gewährleisten. Von Stockwerk zu Stockwerk wird die Erweiterung leicht seitlich versetzt mit dem Effekt, dass die Brüstungsbänder wie ein Mäanderband das Gebäude emporwandern – ein ausdrucksvolles, sanftes Fassadenspiel. Unterbrochen wird das Band auf einer Seite von der „vertikalen Dorfstraße“. Dahinter verbirgt sich die Idee, den Bewohner teils mehrgeschossige Gemeinschaftsräume anzubieten, um Treffen und Gespräche, die in Hochhäusern meist eher unpersönlich ausfallen, wieder zu fördern. Die Lage ist so gewählt, dass jeder Bewohner von der öffentlichen Erschließungszone in die Gemeinschaftsräume und weiter in die städtische Umgebung blicken kann, gleichzeitig fällt Tageslicht bis weit in die Erschließungsflächen. Die farbige Gestaltung wurde vom Kärntner Künstler Heimo Zobernig übernommen und basiert auf dem Diagramm einer Untersuchung aus der Gefühls- und Erfahrungswelt von Frauen und Männern, die Eva Heller in ihrem Buch „Wie Farben wirken“ einst beschrieben hatte.
Die insgesamt 309 Wohnungen zeichnen sich durch Offenheit und Flexibilität aus: Schon beim Betreten der Wohnung kommen die Bewohner in den Genuss der durchgängigen Aussicht; die Entscheidung, die tragenden Elemente in die Fassade und in den Kernbereich zu positionieren, erlaubt später noch räumliche Veränderungen und ermöglicht eine Zusammenschaltung von Wohnungen; selbst das komplette Öffnen eines Geschosses, beispielsweise für eine Büronutzung, gehört zur nachhaltigen Planung. Flexibel, offen und kommunikativ, bisher viel zu selten im Hochhaus-Wohnungsbau zu finden – realisierbar ist es.
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