Leicht(er): Entkernen
Schwieriger: Sanieren und Ergänzen
Nur der weiße Schriftzug „Café Augarten“ an der weiß verputzten Straßenfassade erinnert noch an das Kaffeehaus, von dem man aus über Jahrzehnte bei Kaffee und Strudel so wunderbar den Blick zum „Augartenspitz“ und in die dahinterliegenden Landschaften des barocken Parkgeländes aus dem 18. Jahrhundert schweifen lassen konnte. Die Zeiten und die Aussicht haben sich mittlerweile geändert, das Café wurde geschlossen, am „Augartenspitz“ befindet sich seit 2012 der Konzertsaal der Wiener Sängerknaben mit seinen prägnanten Faltungen. „Auch diese Aussicht gefällt uns“, bekräftigen die Architekten des Wiener Büros Zwetzbacher Bereuter Architektur. Noch viel mehr gefällt ihnen jedoch, dass sie die zwei Ebenen des ehemaligen Cafés in dem Gründerzeithaus von 1893 umbauen und seit vergangenem Jahr zusammen mit einem Partnerbüro selbst nutzen dürfen.
Der bestehende allgemeine Hauseingang, etwas aus der Gebäudemitte gelegen, wäre für manch eine Nutzung zum Fluch geworden, für das ZB-Architektenteam ist es ein Segen. So können sie im Erdgeschoss den großen Raum links vom Hauseingang für sich nutzen, während rechts vom Hauseingang die kleinere Einheit von dem Büro Kiss Architektur genutzt werden kann. Erst auf der zweiten Ebene werden die Büros durch eine neu geplante Brücke, die über dem Hauseingangsbereich liegt, miteinander verbunden. Dort oben befindet sich die Küche mit einer Tafel für sieben Personen – bestens geeignet für spontane Gespräche, Treffen oder kleine Pausen.
Doch zunächst wurden die Räumlichkeiten vollständig entkernt, auch der Innenputz wurde entfernt. Lediglich die bestehende Ziegeloberfläche an zwei Wänden und an der Gewölbedecke wurde saniert. Das blasse Ziegelrot bildet heute mit dem hell gestrichenen Lehmputz der verbleibenden Wände und dem anthrazitfarbenen Estrichboden einen angemessenen Kontrast. Eine massive Holzstiege führt weiter in die Galerieebene, die in jeder Hinsicht zu einem kleinen Meisterstück geworden ist: Für die stützenfreie Ausführung über die Raumlänge von 9,20 m wurde die Brüstung als getäfelter Holzfachwerkträger ausgeführt, die Unterseite ist unverkleidet und zeigt die tragenden Balken aus Fichtenholz. Es geht aber noch weiter: Die Oberflächen aller konstruktiven Holzbauteile, wie auch des Eschenbodens und der Möblierung, sind unbehandelt. Die Wahl fiel auf Holzarten wie Weißtanne, Braunkernesche, Fichte und Ahorn, die entsprechend ihrer Eigenschaften für die jeweiligen Bauteile und Möbel verwendet wurden. Fazit: Mit besonderer Achtsamkeit ist es den Architekten gelungen, Bestehendes und Neues adäquat miteinander in Einklang zu bringen.
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