Das Meer – in memoriam Jan Hoet
In Ostende erkundet eine Ausstellung die Bedeutung des Ozeans in der Kunst
Seitdem Großbritannien mit dem Kontinent über den Tunnel erreicht wird, ist es in Ostende deutlich ruhiger geworden. Anstatt von Transitreisenden überrollt zu werden, kommen heute wieder mehr Bade- und Urlaubsgäste in die traditionsreiche Küstenstadt an der belgischen Nordsee. Viel Neues wird gebaut, viel Altes steht aber auch leer – auch das ist sicher ein Grund, warum Ostende einen idealen Spielort für den letzten Teil einer Ausstellungstriologie abgibt, die der renommierte belgische Ausstellungsmacher Jan Hoet in den letzten Jahren an verschiedenen Orten in Belgien organisiert hat. Hoet, der sich wegen seiner Kasseler Documenta 1992 und seinem Wirken als Gründungsdirektor des Herforder MARTa einen festen Platz auch in der deutschen Kunstgeschichte gesichert hat, inspirierte der Schauplatz zu einer Schau mit dem assoziationsreichen Titel „Das Meer“. Dass er nach schwerer Krankheit Anfang 2014 über den Vorbereitungen starb, ist tragisch und lässt aus der Ausstellung eine große Hommage an einen Ausstellungskurator werden, der für seine intensiven, lebenslang gepflegten Künstlerkontakte und ein komplex verwobenes, assoziationsreiches Denken in Kunstwerken bekannt war. Über 140 Kunstwerke von rund 120 zeitgenössischen und modernen Künstlern präsentiert „Das Meer“ im Mu.ZEE, dem lokalen Museum für Moderne Kunst, das vor Jahren seinen Platz in einem umgenutzten Kaufhaus gefunden hat. Auf über drei Etagen werfen Hoet und der Museumskurator Philip van den Bossche, der die Ausstellung nach seinem Tod fortführte, ein Netz der künstlerischen Erzählungen aus. Bei der Auswahl der Werke ging es beiden vor allem darum, das Meer und seine Phänomene – Ebbe und Flut, Welle und Sturm, die vermeintliche Grenzenlosigkeit des Horizonts und vieles mehr – nicht nur als Sujet zu begreifen, sondern auch vorzuführen, wie es seit Mitte des 19. Jahrhunderts zum Ausgangspunkt kontinuierlicher künstlerischer Selbstbefragung und Erneuerung geworden ist. In mehreren Wellenbewegungen reihen sich historische und zeitgenössische Werke dicht aneinander – verstärken sich gegenseitig oder führen einen einander gegengesetzten streitbaren Dialog, über Epochen und Gattungen weit hinaus.
Die Liste der ausgestellten Künstler ist beeindruckend lang – sie umfasst Böcklin, Courbet, Picasso und den Ostender Künstler James Ensor genauso wie Hiroshi Sugimoto, Ed Ruscha, Gerhard Richter Guillaume Bijl oder Marlene Dumas. Ganz im Hoet'schen Sinne dürfte auch sein, dass der museale Kontext verlassen wird. Über zehn Außenstationen sowie einige Hotels, die im Rahmen besonderer Arrangements Fotokunst auf den Zimmern präsentieren, tragen „Das Meer“ in verschiedenen Facetten in den Stadtraum hinein und laden zu einer spannenden Entdeckungsreise an besonderen Orten ein.
De Zee / Das Meer – Salut d'honneur Jan Hoet
Bis zum 19. April im Mu.ZEE in Ostende
www.dezee-oostende.be/de
De Zee / Das Meer – Salut d'honneur Jan Hoet
Bis zum 19. April im Mu.ZEE in Ostende
www.dezee-oostende.be/de