Energiereicher Gast
B10 am Weißenhof
Mitten in dem Gebiet der Deutschen Bauaustellung von 1927, der Weißenhofsiedlung, wurde nun wiederum ein temporäres Gebäude entwickelt, das für einen Zeitraum von ca. 3 Jahren dazu dient, die Alltagstauglichkeit eines Forschungsprojektes zu beweisen. Das Aktivhaus soll doppelt so viel Energie erzeugen wie es selbst verbraucht. Das nach dem Standort Bruckmannweg 10 »B10« getaufte Gebäude ist ein Prototyp, der zeigen soll, wie sich das Prinzip des Aktivhauses auf verdichtetes urbanes Bauen transferieren lässt. Bauherr ist das Stuttgarter E-Lab Projekt, das Prof. Werner Sobek und sein Team mit der Entwicklung des Hauses beauftragt hat.
Der schwäbische Fertighausbauer Schwörer hat das Gebäude nach der Idee und dem energetischen und architektonischen Konzept aus dem Büro Sobek realisiert. Zwei seiner Wohnmodule „FlyingSpaces“ bilden die Basis des 85 m² großen Projekts, funktionsfähige, vorgefertigte Module in Holzbauweise, die in nur einem Tag vor Ort platziert wurden. Das dazu entwickelte „Triple Zero Konzept“ von Werner Sobek zeigt, dass dieses Gebäude mehr Energie erzeugt, als es selbst benötigt (zero energy), keine weiteren Emissionen erzeugt (zero emissions) und sämtliche Baustoffe vollständig in den Stoffkreislauf rückführbar sind (zero waste). Der erzeugte Energieüberschuss speist entweder die internen Stromspeicher, (Lithium-Ionen-Akkus), den zugehörigen Elektro-Smart oder das allgemeine Stromnetz. Nach Möglichkeit soll überschüssige Energie gezielt an benachbarte Gebäude abgegeben werden. Das B10 bezieht Strom und Wärme aus der wassergekühlten Photovoltaikanlage auf dem Dach, während sich im Garten ein 15 m³ großer Eisspeicher und im aufgeräumt durchgestalteten und sehr miniaturisierten Technikbereich ein puffernder Wärmespeicher befinden. Trotz aller technischer Ausrüstung kann das Wohnhaus aber auch höchsten Ansprüchen an Ästhetik und Nutzerkomfort gerecht werden. Ein Glasfasergewebe deckt die auf minimale Wandstärke getrimmte und vakuumgedämmte Holzrahmenkonstruktion wetterfest ab. Die Straßenseite bestimmt eine durchgehende, geschosshohe Vakuumverglasung, die sich großflächig zur Terrasse öffnen lässt. Klappt man diese hydraulisch um 90° nach oben, verschließt sich das Gebäude und erhöht wiederum die Energieeffizienz. Die Westfassade bildet zudem den Zugang und wird auch von hier mit dem zum Gebäude gehörenden Elektro-Smarts befahrbar. So ist ein Be- und Entladen des Wagens möglich und aufgrund eines Drehelements im Boden auch das vorwärts gerichtete Hinausfahren. Es soll geprüft werden, ob dies für ältere/ behinderte Menschen eine Erleichterung darstellt und ob das Parken des Fahrzeugs im temperierten Innenraum eine Auswirkung auf dessen Reichweite hat.
www.wernersobek.com
Fotos:
Zooey Braun
www.zooey-braun.de
(Erschienen in CUBE Stuttgart 02|15)