Pionier der dritten Dimension
Das erste Haus aus dem Drucker
CUBE: Sie haben im vergangenen Jahr mit ihren Studenten an der UCLA das erste 3D-Haus weltweit ,gedruckt‘?
Ebner: Wir haben es bereits 2013 gedruckt und sind erst 2014 an die Presse gegangen. So weit wir aus Recherchen wissen, ist es das erste Haus weltweit gewesen.
Sie gehen also als Architekt in die dritte Dimension und werden sich immer weiter in diese Richtung spezialisieren?
Wir werden uns alle als Normalfall damit beschäftigen müssen, denn ich glaube, dass sich diese Technologie grundsätzlich durchsetzen wird. Früher, als wir alle denken.
Was schätzen Sie, wann etwa?
Ich schätze, in fünf Jahren als Elementbauweise und in 15 Jahren werden wir ganze Häuser drucken. Und wir werden auch Hochhäuser in mobilen Systemen drucken. Man kann ja jetzt schon 4 m lang, 1,20 breit und 1,20 hoch drucken. Die Maschinen können noch größer wachsen, aber dann gibt es irgendwann eine Größe, die nicht überschritten werden kann. Danach wird es sehr stark um mobile Systeme gehen, das heisst, Roboter, die mit Druckköpfen ausgestattet sind und die vor Ort gesteuert werden.
Wer hat diese Technologie überhaupt erfunden?
Wirklich sagen lässt es sich nicht. Es kommt aus der Flugzeugtechnik, der Raumfahrt und dem militärischen Bereich. Heute kriegt man den billigsten Drucker bereits für unter 1.000 Dollar. Das wird schon bald eine Alltagsware werden. Jetzt geht es darum, wer der große Player wird. Und der große Player wird nicht der sein, der Drucker herstellt, sondern diejenigen, die unterschiedliche Materialien für den Druck herstellen können, damit eine Vielfalt beim Drucker entsteht. Wir drucken derzeit mit einem Material – und spannend wird es, wenn man zwei, drei, vier verschiedene Materialen drucken kann. Dann kann man auch schon die metallischen Leiter oder die Carbonfasern mitdrucken.
Sie haben sich also mit ihren Studenten hingesetzt und haben so einen Drucker ausgetüftelt?
Wir haben einen Drucker aus der Industrie hergenommen, der unseren Bedürfnissen voll entsprochen hat und der dann angepasst wurde.
Auch die chinesische, japanische, koreanische Konkurrenz schläft nicht...
Ja, die sind viel schneller unterwegs als wir hier. Ich habe kein Problem damit, diese Informationen zu teilen, weil das ja etwas Spannendes ist. Ich sehe mich eher als Ideengeber. Ich bin kein Industrieller, ich bin eher ein Tüftler. Die Chinesen, glaube ich, werden das ganze Thema vorantreiben, weil die viel offener sind, die haben keine Berührungsängste. Bei uns hat die ganze Architekturbranche Berührungsängste vor solchen Entwicklungen.
Worin liegt also das revolutionäre Potenzial dieser Entwicklung? Worin besteht der technologische Quantensprung?
Der Quantensprung ist, dass Sie alles neu denken können. Sie haben Planungssicherheit, Kostensicherheit, Zeitsicherheit, die Freiheit der Form. Vieles kann bereits in den Produktionsprozess integriert werden und muss nicht hinterher hinzugefügt werden. Alles, was Sie beim Bauen bisher gedacht haben, können Sie über Bord werfen und neu andenken – das ist das Spannende. Es ist so ähnlich wie damals, als der Computer alles verändert hat.
Werden die Kosten geringer und geht es schneller?
Sie wissen, dass der Drucker so und so lang druckt – somit sind die Kosten klar vorherbestimmbar. Die Kosten hängen davon ab, ob Sie komplizierte oder einfache Formen bauen. Der Aufbau ist absolut schneller. Dafür haben Sie vorher einen größeren Planungsaufwand.
Die Zeitdauer bleibt also insgesamt gleich, nur das Verhältnis der einzelnen Phasen verschiebt sich?
Wahrscheinlich wird es kürzer. Nicht die Zeitersparnis ist so groß, aber dafür ist der Stress der Baustelle weg. Das Drucken dauert wenige Stunden oder Tage und man braucht nicht Wochen, Monate, Jahre, bis es fertiggestellt ist.
Was ist zur Materialbeschaffenheit und Recyclebarkeit zu sagen?
Es ist ein Sand-Klebergemisch, mit dem gedruckt wird. Das ist wunderbar, weil Sie ja derzeit in monolithischen Systemen arbeiten. Das bedeutet, dass Sie das Material sehr gut recyclen können.
Sie sagten vorhin, der Beruf des Architekten würde dadurch wieder aufgewertet?
Es wäre die einmalige Chance, den Beruf des Architekten wieder aufzuwerten, weil er wieder alle Leistungsphasen in der Hand hat. Wenn der Berufsstand der Architekten diese Entwicklung nicht verschläft und dann Ingenieurwissenschaftler diese Bereiche abdecken und wir nur noch Formgeber der neuen Hüllen sind. Das ist die große Gefahr, aber auch die große Chance – jetzt ist es für den Berufsstand des Architekten wichtig, aktiv zu werden, Forschung zu betreiben. Jetzt kommt es darauf an, an den Universitäten dieses Thema zu vermitteln – es passiert viel zu wenig.
Wer wird darunter leiden? Eine ganze Branche stirbt aus – oder?
Sie wird nicht aussterben – es wird immer noch normal gebaut werden, wenn man die hochqualitative Manufaktur will. Das ist so wie im Autobau, da gibt es auch die handgefertigten Autos – und andererseits gibt es die Massenmodelle. Die Masse wird auf das 3D-Drucken kommen, aufgrund der Vorteile. Und dann gibt es eben Individualisten, die wollen ein handgefertigtes, solides Haus haben. Das heißt, der gute Handwerker wird überleben. Der andere wird aufhören oder sich neu orientieren.
Sind wir dann noch im digitalen Zeitalter oder sind wir bereits woanders?
In Amerika sprechen viele Wirtschaftszeitschriften von der dritten industriellen Revolution, die das 3D-Drucken auslösen wird.
Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Ebner.
Das Interview führte Christina Haberlik.
Peter Ebner
Peter Ebner, geboren 1968 in Hallwang bei Salzburg
Schreinerlehre
Studium Maschinenbau
Studium Architektur in Graz und Los Angeles
Büro in Salzburg noch während des Studiums, 1995
Büro in Wien, 1998
Professur an der TU, München, 2003-2009
Professur an der University of California, Los Angeles
& Leiter des FutureLAB – Los Angeles, seit 2009
Peter Ebner ist mit seinen 47 Jahren der absolute Überflieger der Architekturzunft. So viele Posten in aller Welt absolviert und so viele Ideen erdacht und realisiert, haben andere ihr ganzes Leben lang nicht. Ebner gehört einer neuen Generation von Architekten an, die frühzeitig begannen, sich zu vernetzen. Er arbeitet als Architekt unter dem Label Peter Ebner & Friends mit Partnerbüros in Mexico – Moskau – München – Rom – Salzburg – Wien und Dubai zusammen. Mit seinen Studenten der UCLA entwickelt er in seinem FutureLAB so verrückte Dinge, wie gedruckte Häuser, worüber er in diesem Interview spricht.
Aber Ebner wäre nicht Ebner, wenn er sich lange damit aufhielte. Das war vergangenes Jahr. Er ist bereits wieder auf einem neuen Gebiet unterwegs: „Wir arbeiten derzeit mit kinetischen Systemen, weil wir glauben, dass es eine Bereicherung der statischen Architektur ist, zum Beispiel bewegliche Fassaden zu machen, die mit Leben gefüllt sind – aber nicht nur als Dekoration, sondern als funktionelle Lösung zur Bereicherung der Lebensqualität.“ Ebner ist gerade Vater geworden und meint dazu, das sei das spannendste Projekt, das er je gemacht habe.