Bewohnbare Holzskulptur
Ein Einfamilienhaus, das sich versteckt
Ein Haus wie man noch keines gesehen hat: Ein Holzkonstrukt, das wirkt wie eine Kulisse mitten in der Landschaft. Vergessen nach einem Filmdreh vielleicht? Oder um zwei miteinander verbundene Heuschober, komplett umhüllt von schmalen unbehandelten Lärchenleisten mit Zwischenräumen – aber ohne Fenster, ohne Türen. Natürlich trügt der Schein: Diese komplett verschlossene Ansicht ist sozusagen die Schauseite eines sehr ungewöhnlichen Einfamilienhauses. Der Eingang, von außen kaum wahrnehmbar, ist in den Flachbau integriert. Auch eine Garage befindet sich hinter der vermeintlich geschlossenen Holzfassade. Geht man um das Gebäude herum, öffnen sich die beiden Flügel in die Landschaft, und ein Terrassenhof wird sichtbar.
Verantwortlich für diese Idee ist Architekt Kühnlein junior aus Berching. Seine Intention war, ein Haus in Massivholzbauweise zu planen, das sich in den ländlichen Kontext einfügt und aus ehrlichen, natürlichen Materialien besteht.
Die beiden Gebäudeteile sind durch einen flachen Zwischenbaukörper miteinander verbunden; ein Teil ist das Tag-Haus mit Wohnbereich, Essplatz und Küche; der andere ist das Nacht-Haus mit den Schlafzimmern und den Bädern. Zum Eingangsbereich gehört ein innenliegender Hof, ein zweiter, der Terrassenhof, liegt zwischen Wohn- und Schlafhaus. Er öffnet sich zur Landschaft und geht sozusagen nahtlos in die bestehende Wiese über. Das gesamte Gebäude ist eingeschossig und somit barrierefrei. So hermetisch von der Außenwelt abgeschlossen, wie es zunächst den Anschein hatte, ist das Haus also doch nicht; dennoch ist es mutig, die Front des Hauses vollkommen mit Brettern zu verkleiden, als wolle man sich vollkommen abschotten. Es ist anzunehmen, dass dies nicht die Intention der Bauherren, einer dreiköpfigen Familie, war. Eher mögen ästhetische Überlegungen im Vordergrund gestanden haben – und der Effekt ist wirklich enorm. Neudeutsch: ein Eyecatcher. Zur Straße hin gibt es natürlich auch Fenster, die jedoch mit Lärchenholzlatten wie mit vertikalen Fensterläden verdeckt sind und so vor neugierigen Blicken von außen schützen. Das unbehandelte Lärchenholz wird mit der Zeit grau werden – dann erst wird der Kontrast zu den massiven, geölten Lärchenholzfenstern sichtbar: Es gibt also auch unverkleidete Fenster – die gesamte Front des Wohn-/Essbereiches ist zum Terrassenhof hin voll verglast inklusive einer Flügeltür zur Terrasse.
Alle Innenwände sind aus Brettsperrholz. Aus den „Resten“, die für die Fensteröffnungen ausgeschnitten wurden, entstanden Tische und andere Möbelstücke. Ebenso die Decken sind massive zwölf cm dicke Holzplatten, die den großen Wohn-/Ess- und Küchenbereich stützenfrei ohne Pfetten und Sparren spannen.
Besonders ins Auge fällt ein rundum schwenkbarer offener Kamin im Wohnzimmer. Wo immer man sich auch aufhält, kann die Wärmequelle mitwandern. Die Steckdosen sind eigens aus Kupfer gefertigt, da die rötliche Farbe des Metalls mit dem Holz harmoniert. Ebenso andere metallene Oberflächen wie Schalter und Leuchten wurden aus Kupfer gefertigt, und sogar die Elektroinstallation ist mit Kupferrohren sichtbar verlegt. Die Wärmeversorgung des Hauses erfolgt über eine Erdwärmepumpe. Über Flächenkollektoren, die in 1,20 m Tiefe verlegt sind, wird die Fußbodenheizung gleichmäßig gespeist sowie die zusätzliche Wandheizung in den Bädern. Die Gründung des Hauses ist eine schwimmende 20 cm dicke Stahlbetonplatte, die auf Glasschaumschotter gelagert ist.
www.kuehnlein-architektur.de
Architekten:
Kühnlein Architektur
www.kuehnlein-architektur.de
Fenster- und Fassadenelemente, Innentüren:
Holzverarbeitung Richard Knitl
Estricharbeiten:
Bauer Jurawohnkultur
www.bauer-fussboden.de
Bodenbelag:
Josef Weigert
Parkett- und Fußbodenbau
www.parkett-weigert.de
Heizung / Sanitär:
Burkhardt
www.burkhardt-gruppe.de
Elektro:
Elektrotechnik Harrer
www.elektroharrer.de
Ofen:
Ofenhaus Dörfler
www.doerfler.com
Fotos:
Erich Spahn