Skulptur aus Schwemmholz
Ein Ferienhaus am Wasser bildet eine Einheit aus Natur und Baukultur
Schon im Rahmen der ersten Ortsbesichtigung des großen Wassergrundstücks durch Architekten und Bauherren wurde die komplexe Situation des Bauplatzes offenbar. Seine Lage hätte theoretisch eine Hauptfassade zum Wasser und eine rückwärtige Nebenfassade auf das ansteigende Weideland des weitläufigen Grundstücks vorgegeben. Eine Begehung des Dachbodens der zu diesem Zeitpunkt noch stehenden alten Scheune zeigte jedoch, dass aus dem zukünftigen Obergeschoss weitere Wasserläufe im Nordwesten als Panorama zu sehen sind. So wurde deutlich, dass im Gegensatz zu einem Grundstück am Meer mit frontal vor dem Betrachter liegendem Panorama, der Blick aus dem Haus spannender in Flussrichtung ist, als nur „über“ den Fluss auf die gegenüberliegende Uferseite. Daran angepasst wurde der Entwurf des Hauses vom Architekten Charles de Picciotto BDA angefertigt. Die Bewegung von Wasser und Blick wurde in die Dachgauben des Obergeschosses transformiert.
Entwurfsidee war, dass das Gebäude – bis auf Gründung und Sohlplatte – soweit wie möglich aus nachwachsenden Ressourcen der umgebenden Kulturlandschaft entstehen und über die Jahre sich eine natürliche Patina durch den Alterungsprozess entwickeln sollte, die eine Einheit zwischen Natur und Baukultur entstehen lassen würde. Deshalb wurde die Konstruktion in Holzbauweise gewählt, massive vorgefertigte Holzwände, Holzbalkendecken, Dämmung aus Holzfasern und Zelluloseflocken sowie eine sägerauhe unbehandelte Fassadenverschalung für Wand- und Dachflächen. Auch die Fenster wurden unbehandelt erstellt, sodass auch diese Bauteile in Würde altern können. Im Innenraum wurde nach dem gleichen Konzept verfahren, alle Oberflächen der Wände und Decken sowie sämtliche Einbaumöbel, Küchenschränke, Regale, Treppen und Türen bestehen aus unbehandelten Holzflächen. Das Holzhaus muss sich gegen die raue Witterung behaupten und stemmt sich seit der Fertigstellung tapfer gegen den starken Wind, der die Regenmassen während der Herbststürme meist unerbittlich horizontal gegen Fassaden- und Fensterflächen treibt. Nach der ersten Orkanperiode konnte festgestellt werden, an welchen Bauteilen die DIN Vorschriften den aufgekommenen Wind- und Orkanstärken nicht genügten, sodass entsprechende Ertüchtigungen vorgenommen wurden. Gemeinsames Ziel der Architekten und Bauherren war es, ein Bauwerk zu kreieren, das über seine Lebenszeit immer stärker mit dem Ort verschmilzt, um schließlich als eine Skulptur aus Schwemmholz – sozusagen aus dem Wasser geboren – zeitlos ans Ufer gespült erscheint und als ein Teil dieser wunderschönen rauen Typologie verstanden wird.
www.depicciotto.de