Vereinte Sinneswelten
In Charlottenburg eröffnet deutschlandweit die erste bilinguale Kindertagesstätte mit Gebärdensprache
Dass schon die Allerkleinsten in Kitas Spanisch, Englisch oder sogar Chinesisch spielerisch lernen können, ist schon längst keine Seltenheit mehr. Neu hingegen und bislang deutschlandweit einzigartig ist die Idee, die in Charlottenburg-Wilmersdorf entwickelt und im Dezember 2013 mit der Kita Sinneswandel realisiert wurde. Statt Französisch oder Italienisch können hörende Kinder hier gemeinsam mit gehörlosen Kindern die deutsche Gebärdensprache erlernen und so auf spielerische Weise die kulturellen und sprachlichen Welten der jeweils anderen kennen lernen und respektieren. Um die Vision eines bilingualen Integrationskindergartens zu verwirklichen, wurde der Sinneswandel GmbH ein 700 m2 großer Bereich der Hellen-Keller-Schule zur Verfügung gestellt. Nach insgesamt 14 Monaten des Entwerfens, Planens, Umbauens und Einrichtens entstand über drei Geschosse ein mit viel Liebe und Phantasie gestalteter Kindergarten, der vor allem auf die speziellen Bedürfnisse gehörloser Menschen abgestimmt ist.
Für das beauftragte Architekturbüro baukind bestand die gestalterische Herausforderung unter anderem darin, eine kindgerechte Orientierung im Gebäude zu ermöglichen und Räume zu schaffen, die sowohl zum Spielen, Toben und Umgestalten einladen als auch Rückzugsmöglichkeiten und Geborgenheit bieten. Gemeinsam mit dem Atelier Perelà entwickelte baukind ein Wegeleitsystem, dem der Baum als Sinnbild für die verschiedenen Entwicklungsstufen eines Kindes als Gestaltungsidee zugrunde liegt. Jedes der drei Geschosse des Gebäudes steht für ein Baumelement. Passend dazu sind in einem eigenen Farbkanon sechs Tiercharaktere, Wurm und Hase, Fuchs und Hirsch sowie Eule und Eichhörnchen, als Zeichen für die entsprechende Altersgruppe zugeordnet. Die überlebensgroßen, scherenschnittartigen Tiermalereien begleiten die Kinder vom Eingangsbereich im Erdgeschoss in ihre Gruppenräume.
Das Erdgeschoss versinnbildlicht mit seinen erdigen, warmen Rot- und Violetttönen die Wurzel des Baumes. Die Gruppenräume sind nach den erdverbundenen Tieren Wurm und Hase benannt. Sie beherbergen die Krippenkinder, die noch eine besonders enge und beschützende Betreuung benötigen. Das erste Obergeschoss wird farblich von warmen Gelb- und Orangetönen bestimmt und symbolisiert den Baumstamm, der noch mit der Erde verbunden ist. Als entsprechende Zeichen für die beiden Gruppen der Kinder ab drei Jahren recken sich hier Fuchs und Hirsch in die Höhe. Die wegweisende Wandmalerei des Fuchses wird im Spielflur zum Spielpodest und lädt mit mobilen Schaumstoffelementen zum Verweilen, Ruhen, Bauen und Spielen ein.
In dieser Etage befinden sich ebenfalls die Küche und das Kinderrestaurant für alle 65 Kinder. Die Tische und Hocker, die neben den Röhrenregalen zu den Produkten von baukind gehören, ermöglichen eine multifunktionale Möblierung. Denn außerhalb der Essenszeit können alle Kinder die Möbel beispielsweise auch zum phantasievollen Bauen nutzen.
Im zweiten Obergeschoss dominieren frische Grün- und Türkistöne als farbliche Codierung für die luftige Baumkrone. Den beiden Gruppenräumen ist das Bild der Eule und des Eichhörnchens zugeordnet. Hier können die älteren Kinder in inspirierender Umgebung spielen und lernen. Ebenso wie der Fuchs in der darunterliegenden Ebene animiert hier das große Eichhörnchen im Spielflur zu allerlei Aktivitäten. Gucklöcher in den Wänden der Gruppenräume laden zur Kommunikation ein und verschiedene Ebenen im Innen- und Außenbereich ermöglichen jederzeit freie Sicht. Angefangen vom Konzept, dem Projektmanagement und allen Architekturleistungen (LPH 1-9) über die Bestellung der Ausstattung bis hin zur Beantragung von Fördergeldern übernahm baukind für die Kita Sinneswandel sämtliche Planleistungen. Dabei richtetet sich der Fokus beim Planen und Bauen vor allem auf die Bedürfnisse gehörloser Menschen. Als Besonderheit ist in diesem Kontext die Einrichtung eines Aufzugs und einer Brandmeldeanlage mit Gehörlosentechnik hervorzuheben. Darüber hinaus war es notwendig, alle akustischen Signalgeber wie beispielsweise Telefone, Babyfone und Klingelanlage in optische Signalgeber umzuwandeln.
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