Leichtigkeit und Einfachheit

Lacaton & Vassal erhalten den Pritzkerpreis 2021


Das französische Architektenduo Anne Lacaton (65) und Jean-Philippe Vassal (67) bekommen in diesem Jahr den renommierten Pritzkerpreis verliehen. Das Paar, das seit 1987 ein Büro in Paris unterhält, wurde für seine offene und zugleich präzise Haltung ausgezeichnet. In über 30 realisierten Bauten in Europa und in Westafrika haben die Preisträger einen herausragenden „Sinn für die Gemeinschaft“ entwickelt, findet Alejandro Aravena, Vorsitzender der diesjährigen Jury. „Sie verfahren fair gleichsam im Umgang mit der Umwelt wie mit den Menschen – und sind damit auch fair gegenüber nachfolgenden Generationen.“

Die Architektur des Duos, das sich in den frühen 1970er Jahren an der Ecole d’architecture in Bordeaux kennenlernte, zeichnet sich dadurch aus, dass sie ihre Projekte – völlig losgelöst von der Formgebung – immer von innen nach außen konzipiert werden. Wobei das so weit gefasst wird, dass auch das bereits Vorhandene miteinbezogen wird. Das oft geringe vorhandene Budget der Bauherren wird dabei nicht als eine Begrenzung, sondern als eine Herausforderung verstanden, auf die kreativ reagiert wird. Erstmals 1993 entstand in Florence bei Bordeaux das zweigeschossige Einfamilienhaus Maison Latapie zum Preis von umgerechnet 50.000 Euro, das dem Wohnraum einen großen transparenten Wintergarten hinzufügte, der aus günstigen Polykarbonatplatten elementiert wurde. Der dabei entstanden offene loftartige Raum erweiterte den Wohnraum beträchtlich und etablierte zugleich ein Energiesystem, das auf Sonnenenergie und natürlicher Ventilation beruhte. Dieses offene Low-Budget und Low-Energy-Konzept haben Lacaton & Vassal über die Jahre immer weiter verfeinert und in unterschiedlichsten Zusammenhängen und Dimensionen erprobt. Besonders in Erinnerung geblieben ist die Transformation des Pariser Palais de Tokyo – ein Art déco-Bau, dem mit geringem Aufwand seine Innenwände amputiert wurden, um eine räumliche Vielfalt von Ausstellungssituationen zu kreieren ohne White-Cube-Zwang. Oder aber die Transformation eines eigentlich dem Abriss geweihten HML-Sozialwohnungsturms in der Pariser Banlieue, den die Architekten durch die Hinzufügung einer zweiten Wintergartenhülle ein zweites Leben einhauchten, ohne dass die Bewohner weichen mussten. Jean-Philippe Vassal betont: „Bei unserer Arbeit geht es darum Zwänge und Probleme zu lösen, Räume zu eröffnen, die neue Funktionen, Emotionen und Gefühle kreieren. Am Ende dieses Prozesses müssen Leichtigkeit und Einfachheit stehen.“

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